Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Anfangs möchte man auf ihre berufliche Zukunft keinen Pfifferling geben: Die Jugendlichen, die sich in „Fame – Der Weg zum Ruhm“ anlässlich eines Bewerbungstages der High School for Performing Arts in New York mit dubiosen Darbietungen in den Sparten Drama, Tanz und Musik abquälen, wirken nämlich eher wie die geborenen Versager. Überraschenderweise begegnen uns die meisten von ihnen wenig später im regulären Unterricht wieder: Über drei Schuljahre hinweg verfolgt Regisseur Alan Parker in cleveren und oft sehr witzig montierten Episoden – eine Struktur, die den Film zur idealen Vorlage für eine Fernsehserie werden ließ – den Werdegang, die Träume und Veränderungen der Protagonisten. Parkers Blick auf die beileibe nicht nur sympathischen Figuren bleibt allerdings so mitleidlos und zynisch wie zu Beginn. Dem langen, wehleidigen Vortrag einer unfreiwillig schwanger gewordenen Ballerina über ihre gefährdete Karriere begegnet die Krankenschwester in der Abtreibungsklinik mit einer einzigen Frage: „Bezahlst du mit Master Charge oder American Express, Honey?“
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Eigentlich ist Charlie Chaplin stets ein Stummfilmkünstler geblieben: Sagenhaftes Bewegungstalent, das er war, entwickelte der Komiker niemals wirklich einen Sinn für die Kraft des Dialogs. Auch die besten Szenen in „Der große Diktator“ (1940) sind vornehmlich von Chaplins tänzerischem Genie geprägt: Unvergesslich vor allem der Tanz des tomanischen Despoten Adenoid Hynkel mit der – schließlich zerplatzenden – Weltkugel. Und wenn am Ende des Films der jüdische Barbier anstelle des Diktators eine Rede hält und ein sehr wortreiches Bekenntnis zu Demokratie, Liebe und Verständnis ablegt, dann fällt Chaplin praktisch aus der Rolle und spricht als engagierter Privatmann: Das ist zwar sehr unfilmisch, aber auch sympathisch.
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Interessant erscheint in diesem Zusammenhang der Vergleich zwischen Chaplin und Danny Kaye, dem Komiker, der sowohl einen Sinn für physischen Humor als auch für absurde Wortspielereien besaß. Wie Chaplin konnte Kaye Bewegungsabläufe perfekt nachahmen: Basil Rathbone, Hollywoods bester Fechter, dem Kaye in der Kostümkomödie „Der Hofnarr“ als Kontrahent gegenübersteht, zeigte sich in seiner Autobiografie beeindruckt von der Fähigkeit des Mimen, nach nur wenigen Stunden Unterricht besser mit einem Säbel umgehen zu können als er selbst, der Jahre trainiert hatte. Neben fechterischen Glanzleistungen bietet Kaye in der Geschichte um einen Provinzschauspieler, der – von einem Trank beflügelt – die Revolte gegen einen mittelalterlichen Tyrannen zum glücklichen Erfolg führt, eine irrsinnige Wortkomik, die auch in der guten deutschen Synchronisation erhalten bleibt: Wie Kaye den Spruch „Der Wein mit der Pille ist in dem Becher mit dem Fächer. Der Pokal mit dem Portal hat den Wein gut und rein“ bis zur völligen Unkenntlichkeit verdreht, ist zu schön, um wahr zu sein. LARS PENNING