ORTSTERMIN: KOMIKER OTTO UND DIRIGENT JUSTUS FRANTZ GEBEN „PETER UND DER WOLF“ : Warten auf Otto
Als der Theatergong ertönt, stürmen die Kinder, die eben noch an ihren Fruchtdrinks schlürften, in den Saal und suchen nach den Plätzen, die auf ihren Karten stehen. Langsam trotten die Erwachsenen hinterher.
Ganz vorne sitzt Elisabeth Boormann in ihrem Rollstuhl. Sie hat die Karte zum Geburtstag geschenkt bekommen – es war ihr einundneunzigster. „Justus Frantz habe ich schon immer gemocht. Den lasse ich mir doch nicht entgehen“, sagt sie aufgekratzt. Ein paar Reihen weiter hinten sitzen Hanna und Ina. Justus Frantz haben sie bisher nicht gekannt, und eigentlich müssten sie längst im Bett sein. Aber wenn Otto nach Osnabrück kommt, kann man eine Ausnahme machen, erklärt ihre Mutter.
Das Konzept, Jung und Alt durch eine gemeinsame Performance von Otto Waalkes und Justus Frantz anzusprechen, geht auf. Vor allem Eltern aus bildungsbürgerlichen Verhältnissen nehmen die Möglichkeit wahr, ihre Kinder über den Komiker an klassische Musik – auf dem Programm steht „Peter und der Wolf“ von Serge Prokofieff – heranzuführen.
Als das Orchester auf die Bühne tritt, ist es im Nu mucksmäuschenstill im Europasaal der Osnabrückhalle. Die Kinder scheinen bessere Konzertbesucher zu sein, als man gedacht hätte. Doch kaum wird das Orchester – die Philharmonie der Nationen – zum ersten Mal richtig laut, hört man aus den hinteren Reihen ein fast ebenso lautes „Wooow“, gefolgt von einem Lachen, das durch den ganzen Saal geht.
Justus Frantz bleibt cool, er dirigiert sein Orchester mit derselben Nüchternheit, als stünde er vor seinem gewohnten Publikum. Nach zehn Minuten müssen die ersten Kinder aufs Klo. „Wann kommt Otto endlich?“, wollen immer mehr von ihnen wissen.
Endlich tragen zwei Männer in schwarzen Anzügen ein Podest auf die Bühne, ein weiterer bringt ein Mikrofon. Ein vierter trabt der kleinen Karawane hinterher, er trägt einen Ottifanten. Otto selbst erscheint in Frack. „Osnabrück, seid ihr alle da?“ – „Ja.“ (einstimmig) – „Und sind auch alle Kinder da?“ – „Ja!“ (laut) – „Und sind auch alle Mamas da?“ – „Ja.“ (leiser) – „Und sind auch alle Papas da?“ – „Ja.“ (tiefer) – „Und seid ihr auch sicher, dass ihr die Papas seid?“ – Lachen.
Peter und der Wolf sei kein Ballett, denn im Ballett werde von anderen getanzt – „hier tanzt die Musik selbst“, erklärt Otto. Das Stück sei viel eher ein Ping-Pong-Spiel zwischen Text und Musik, Stimme und Orchester, Ausführenden und Zuhörern. Die Musiker spielen die Komposition ein und zwischen den Einspielungen trägt Otto den Text vor.
Die Arbeitsteilung zwischen Komiker und Orchester funktioniert gut. Die Angst steht Hanna und Ina ins Gesicht geschrieben, als die gemächliche Oboe vom gewaltigen Ton der Hörner überlagert wird – die Szene, in der der Wolf die Ente frisst. Aber kurz darauf müssen sie schon wieder lachen. über die musikalischen Einfälle von Prokoffief, aber auch über Otto, der mit einem lauten „Holoderitiii“ sein Publikum bei der Stange hält.
Nach zwei Stunden – es ist mittlerweile nach zehn – können viele Kinder die Augen kaum offen halten. Der Applaus am Schluss weckt sie noch einmal auf, bevor sie endlich in ihre Betten können. Johann Tischewski