OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Passend zur aktuell im Kino laufenden Françoise-Sagan-Biografie „Bonjour Sagan“ zeigt das Filmkunst 66 die Verfilmung des berühmtesten Bestsellers der französischen Autorin: „Bonjour Tristesse“ entstand 1957 als amerikanische Cinemascope-Produktion unter der Regie von Otto Preminger und zeigt Jean Seberg als junge Hedonistin Cécile, die gemeinsam mit ihrem Vater (David Niven) einem flotten Leben an der Côte d’Azur frönt und eben diesen Lebenswandel von der neuen Liebe (Deborah Kerr) ihres Vaters bedroht sieht, einer eher nüchternen Frau. Am Ende wird Cécile in jugendlicher Gedankenlosigkeit und Boshaftigkeit deren Tod verursachen. Doch sowohl Sagan als auch Preminger stehen recht eindeutig auf der Seite von Cécile. Denn Sagan beschrieb hier das Leben, von dem sie selbst träumte und das sie nach dem außergewöhnlichen Erfolg des Romans auch führte: Da geht es um Sommer, Sonne, Sportwagen, oberflächliche Beziehungen und darum, das Geld mit vollen Händen ausgeben und sich nicht um morgen zu scheren. Und Preminger war genau der richtige Regisseur, um dies in Szene zu setzen: Bei ihm triumphierte die Form stets über den Inhalt.
„Das Schweigen“ sei „einfach, berichtet mit einfachen Mitteln, nicht mit irgendwelchen Symbolen und Künstlichkeiten“, meinte Ingmar Bergman einst im Gespräch mit Journalisten. François Truffaut hat in einem Text über Bergmans Kino die entscheidende Frage dagegengesetzt: „Ist das Einfache wirklich einfach für jeden?“ Scheinbar nicht. Bei seiner Erstaufführung 1963 war „Das Schweigen“ der bislang umstrittenste Film des Regisseurs: Kaum jemand verstand, worum es in dem Drama um die Hassliebe der ungleichen Schwestern Esther und Anna tatsächlich ging. Dass der Film trotzdem ein großer Erfolg wurde, hing eher mit einigen – aus heutiger Sicht harmlosen – Darstellungen trister sexueller Handlungen zusammen. Tatsächlich ist der Eindruck einer alles vereinnahmenden, nahezu erdrückenden Körperlichkeit jedoch eine Suggestion, die aus dem brillanten Zusammenspiel von Inszenierung, Fotografie und der Darstellung der Schauspielerinnen Ingrid Thulin und Gunnel Lindblom hervorgeht. Ob „Das Schweigen“ tatsächlich der dritte Teil von Bergmans „Glaubenstrilogie“ ist – Gott schweigt mal wieder, und die Protagonistinnen sind durch das Fehlen von geistig-moralischen Grundsätzen auf die eigene erbärmliche Existenz zurückgeworfen – sei letztlich dahingestellt. Man kann, muss es aber nicht so sehen. Auch ohne religiöse Bezugspunkte ist „Das Schweigen“ eine exzellente Studie über Sprachlosigkeit, Verwirrung und Angst.
Seine dritte Regiearbeit hielt Sir Alfred eigentlich für den ersten richtigen Hitchcock: „The Lodger – A Story Of The London Fog“ (1926) war sein erster Thriller, der das Motiv des unschuldig Verfolgten einführte, eben jenes geheimnisvollen „Mieters“, der fälschlicherweise als Blondinen-Killer verdächtigt wird. Dazu legt Hitchcock eine ganze Reihe von falschen Fährten: Warum nur hat der Mann eine so offenkundige Abneigung gegen Fotos von blonden Frauen? Die Antwort gibt es im Kino. LARS PENNING
„Bonjour Tristesse“ 16./17. 1. im Filmkunst 66
„Das Schweigen“ 17. 1. im Lichtblick-Kino
„The Lodger – A Story Of The London Fog“ 17. 1. im Arsenal 2