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Archiv-Artikel

OFF-KINO Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Einer der interessantesten Filme in der Produktion der jungen Bundesrepublik ist Peter Lorres einzige Regiearbeit „Der Verlorene“ (1951). Kurzfristig aus dem amerikanischen Exil zurückgekehrt, versuchte Lorre, an seine Erfolge der Vornazizeit anzuknüpfen, namentlich an Fritz Langs „M“ (1931), in dem er so beeindruckend den getriebenen Kindermörder verkörpert hatte. So spielt er auch in „Der Verlorene“ wieder einen verzweifelten Mörder, der hier unfreiwillig in Machenschaften der Nazis verstrickt wird und nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Flüchtlingslager, wo er als Arzt arbeitet, auf einen Mitwisser trifft, der ihn erpressen will. In seiner Inszenierung orientiert sich der Regisseur Lorre am amerikanischen Film noir jener Jahre: Disparate Lichtquellen und die häufige Untersicht der Kamera machen die Räume dunkel und eng. Eine klaustrophobische Albtraumwelt, in der die resignierte, dem Schicksal ergebene Figur, die Lorre spielt, tatsächlich völlig verloren wirkt. (9.–10. 5. im Arsenal)

1987 holte Regisseur Bruce Weber für seine Dokumentation „Let’s Get Lost“ eine Jazzlegende der 50er-Jahre vor seine Kamera: Der weiße Musiker Chet Baker war seinerzeit mit sensitivem Trompetenspiel und seiner einschmeichelnden Stimme zum Popstar des Cool Jazz avanciert. Doch wie so mancher Musiker lebte Baker ein „schnelles“ Leben mit reichlichem Drogenkonsum – in den 80er-Jahren war er eigentlich nur noch ein vom Heroin verzehrtes Wrack, das den Filmtitel wörtlich genommen hatte. Auch wenn Weber die negativen Seiten des notorisch unzuverlässigen Junkies nicht ausspart, inszeniert er den genialen Trompeter in einem subjektiven Fantasieszenario doch ganz so wie es einst in dessen Glanzzeiten ausgesehen haben mag: Da gibt es noch einmal hochprofessionelle Sessions, schicke Hotelzimmer, nächtliche Cabriofahrten und ihn anhimmelnde Frauen und Fans. Ein halbes Jahr später starb Baker, als er aus dem Fenster seines Hotelzimmers in Amsterdam fiel. (OmU, 7. 5. im Zeughauskino)

Eine Woody-Allen-Filmreihe zeigt einmal mehr das Lichtblick: In den Werken der 70er-Jahre wie „Bananas“ (1971), „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten …“ (1972), „Der Stadtneurotiker“ (1977), „Manhattan“ (1978) und „Stardust Memories“ (1980) lässt sich ganz gut die Entwicklung Allens erkennen, der sich vom Gagschreiber mit Hang zur Parodie langsam zum Filmemacher wandelte, dem es gelang, durch die vermittelnde Wirkung des Humors seine Probleme und Lieblingsthemen für jedermann zugänglich zu machen. Ist „Bananas“ also noch eher eine witzige Nummernrevue um einen frustrierten New Yorker, der aus Liebeskummer zum lateinamerikanischen Revolutionär wird, so zeigt die bittere quasiautobiografische Komödie „Stardust Memories“ bereits einen Filmemacher, der sich von der Erwartungshaltung seines Publikums und der Kritiker in seiner Arbeit behindert sieht. („Der Stadtneurotiker“, 9. 5., „Manhattan“, 10. 5., „Bananas“, 11. 5., „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten …“, 12. 5., „Stardust Memories“, 13. 5. im Lichtblick) LARS PENNING