OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Gerade eröffnet wurde im Arsenal das Festival „Greenland Eyes“, das sich mit dem Schaffen der eher wenig bekannten Filmszene Grönlands beschäftigt und uns die wichtigsten Künstler der arktischen Insel mit ihren Werken vorstellen wird. Ein weiterer Aspekt des Festivals ist die Darstellung Grönlands in Filmen anderer Kulturen. Dazu gehört auch Walter Schmidthasslers 1918 entstandene Asta-Nielsen-Komödie „Das Eskimobaby“, in der ein Polarforscher von einer Grönlandexpedition seine von Nielsen verkörperte Eskimogattin nach Berlin mitbringt. Das bestiefelte, recht pragmatische Naturkind staunt einerseits über die seltsamen Segnungen der Zivilisation und bringt andererseits mit seinen fremdartigen Gebräuchen die feine Berliner Gesellschaft durcheinander. Nicht jeder ist daran gewöhnt, mit fremden Frauen die Nasen zu reiben. Ob das aus heutiger Sicht politisch alles so ganz korrekt ist, sollte man sich vielleicht gar nicht erst fragen. Als Slapstickkomödie ist es jedenfalls ziemlich lustig. (27. 4. Arsenal)
Eine schöne Naturdokumentation mit faszinierenden Bildern haben Martha Holmes und Michael Gunton mit ihrem für BBC Earth produzierten Werk „Unser Leben“ („Life“) geschaffen. An Beispielen aus aller Welt erläutert der Film die Geburt, das Aufwachsen, das Lernen, Jagd- und Verteidigungsstrategien der Tiere – kurzum, all die oftmals erstaunlichen Überlebensstrategien, die sich die Evolution für die verschiedenen Lebensformen hat einfallen lassen: von Affen, die im strengen Winter in Thermalquellen baden, bis zu fliegenden Fischen, die ihre Flügel entwickelten, um den Fressfeinden im Wasser zu entkommen. Bei alledem vermeidet der Film konsequent jene Fallen, in die fürs Kino konzipierte Naturdokumentation sonst oft tappen: „Unser Leben“ setzt weder auf bombastische Überwältigung noch auf Verniedlichung der Tiere, sondern auf Information. (28.–29. 4. Eva)
Die handgreifliche Auseinandersetzung zweier Kinder, bei der zwei Zähne verloren gingen, und die rücksichtslose Aussetzung eines Hamsters mitten in New York sind in Roman Polanskis bitterer Komödie „Der Gott des Gemetzels“ (nach dem gleichnamigen Theaterstück von Yasmina Reza) die Ausgangspunkte eben jenen „Gemetzels“ zwischen den Ehepaaren Longstreet (Jodie Foster, John C. Reilly) und Cowen (Kate Winslet, Christoph Waltz). Eigentlich haben sie sich getroffen, um vernünftig über die Prügelei der Kinder zu sprechen und einen Bericht für die Haftpflichtversicherung abzufassen. Doch ihr Treffen entgleist zusehends: Höflichkeit, Vernunft und Verantwortungsbewusstsein erweisen sich als nur allzu dünne Maske, hinter der Vorurteile, Desinteresse, Selbstgerechtigkeit und eine Political Correctness lauern, die sich vor allem als ein Gemisch aus Vorurteilen, selbstgerechter Empörung und Verbitterung erweist. Das Schauspielerquartett ist dabei ebenso vorzüglich wie amüsant, und bei aller Karikatur, die in den Figuren steckt, bleiben diese doch auch immer ein gutes Stück in der Realität verankert. (OmU, 28.–29. 4., 1. 5. Sputnik) LARS PENNING