OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Während in Südafrika nunmehr um den Worldcup gespielt wird, geht es in Russ Meyers Filmen bekanntlich eher um die „Cup-Size“ – allerdings stehen die Damen dann ja die meiste Zeit doch eher ohne BH da. Das ist auch in „Up!“ (1976) nicht anders, obwohl ich mich eher an die unvergesslichen Eingangssequenzen des Films erinnere: Offenbar lebt Hitler unter dem Namen Adolph Schwartz als SM-Fetischist in den USA und wird, während er in der Badewanne Die Zeit liest, von einem dort ausgesetzten Piranha massakriert. Der Mord wird nie aufgeklärt. Oder vielleicht waren die Erklärungen auch einfach zu verworren, als dass ich mich noch entsinnen könnte. Und das, obwohl Francesca „Kitten“ Natividad als eine Art nackter griechischer Ein-Frauen-Chor gelegentlich versucht, die verschiedenen Handlungsteile, in denen es wie immer um Sexwahn in der Provinz geht, irgendwie miteinander zu verbinden. Ebenfalls empfehlenswert ist Meyers ein Jahr zuvor entstandenes Werk „Supervixens“, in dem ein bei „Martin Bormann’s Super Service“ angestellter Tankwart leider seinen Job aufgeben muss, als ihm ein sadistischer Cop einen Mord anhängen will. Natürlich gerät er anschließend in irgendwelche Sexwahn-Machenschaften in der Provinz, die Meyer mit absurder Liebe zur phallischen Symbolik in Szene gesetzt hat. („Up!“ 14.–16. 6.; „Supervixens“ 12.–13. 6. Lichtblick)
Weil Regisseur Michel Ocelot seine Kindheit in Guinea verbrachte, liegen ihm westafrikanische Märchenmotive sehr am Herzen. Deren Umsetzung in Zeichentrick war ihm bereits in „Kiriku und die Zauberin“ gut gelungen, und auch in „Kiriku und die wilden Tiere“ (2006) erzählen Ocelot und seine Koregisseurin Bénédicte Galup in den klaren, warmen Farben der Savanne wieder vom Kampf des selbstbewussten kleinen Jungen gegen die Zauberin Karaba und ihre tumben Fetische. Dabei bekommt es Kiriku in verschiedenen Episoden nun zusätzlich mit Tieren wie einer hungrigen Hyäne, einem verzauberten Büffel und einer stolzen Giraffe zu tun. Doch wie schon zuvor geht er mit seiner Wissbegierde allen auftretenden Problemen stets auf den Grund – so dass die abergläubischen Erwachsenen seines Dorfes nicht selten beschämt dastehen. (12.–13./15.–16. 6. Sputnik; 13.–14. 6. Kino Kiste)
Als Abel Gances „Napoléon“-Stummfilm in den frühen Achtzigern in einer (teil-)restaurierten Fassung noch einmal in unsere Kinos kam, waren die Kritiken eher zwiespältig. Mit dem ungetrübt unkritischen Blick auf den Helden mochte sich kaum jemand anfreunden. Doch Gance war vor allem ein wilder Künstlertyp, und bereits der originale Filmtitel „Napoléon vu par Abel Gance“ lässt vermuten, dass sich der Regisseur eigentlich auf einer Augenhöhe mit dem Kaiser sah: Hier der geniale Militärstratege, dessen Schicksal die Rettung der französischen Nation ist, und dort der brillante Filmemacher, dessen Vision die Schaffung genialer Kunst ist. Das ist eigentlich keine Politik, sondern der aus der Romantik stammende Gedanke vom Künstler als Genie. Sympathischer Größenwahn. (15. 6. Arsenal) LARS PENNING