Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Künstler sind manchmal schwierige Leute. Dass aber jemand dem Regisseur eines filmischen Porträts den Knauf seines Gehstocks ins Gesicht rammt, weil er niemanden, mit dem er in einem langen Musikerleben zusammengearbeitet hat, in „seinem“ Film zu Wort kommen lassen will, ist doch eher ungewöhnlich. Passiert ist dies dem Filmemacher Jay Bulger, der sich für die Dokumentation „Beware of Mr. Baker“ (2012) auf die Spuren des Schlagzeugers Ginger Baker gemacht hat. Der genoss in den 1960er Jahren gemeinsam mit Eric Clapton und Jack Bruce kurzfristigen Superstar-Ruhm mit dem Bluesrock-Trio Cream, doch angesichts der wenig ausgeprägten sozialen Kompetenz des Trommlers zerbrach die Konstellation auch schnell wieder. Es verwundert natürlich nicht, dass Bakers wildes Leben mit exzessivem Drogenkonsum, vielen Frauen und obskuren geschäftlichen Unternehmungen im Film eine Rolle spielt, doch zugleich gelingt es Regisseur Bulger, auch dessen künstlerische Ambitionen deutlich werden zu lassen: Wenn Baker von Vorbildern wie dem Jazzdrummer Max Roach schwärmt oder von seiner Arbeit mit afrikanischen Musikern erzählt, spürt man sofort das Herzblut, mit dem hier jemand seiner Passion nachgeht. (OmU, 22. 2., Rollberg 4; 25.–26. 2., Acud Kino)

Illusionskino hat Wim Wenders nie betrieben, stets ging es ihm in seinen Filmen darum, den Blick der Kamera für das Publikum erfahrbar zu machen und ihn zu hinterfragen. Auch „Alice in den Städten“ (1974) setzt sich mit dieser Thematik auseinander: Zu Beginn sitzt Rüdiger Vogler als Journalist mit einer Polaroidkamera in Amerika am Meer und nimmt einen Vergleich zwischen der Realität und ihrem Abbild vor. Dass auf den Bildern doch nie das drauf sei, was man tatsächlich gesehen hat, stellt er fest und wird im Folgenden in ein fast aussichtsloses Unterfangen verwickelt: Nur anhand einer alten Fotografie sucht er in den gleichförmig wirkenden Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets gemeinsam mit einem kleinen Mädchen (Yella Rottländer) nach dem Haus ihrer Großmutter. Das Foto bekommt auf diese Weise etwas nahezu irreal Geisterhaftes – bis die beiden das Haus tatsächlich finden … (21. 2., Tilsiter Lichtspiele)

In den nur locker miteinander verbundenen Episoden von „Das Gespenst der Freiheit“ (1974) präsentiert Luis Buñuel dem Publikum einmal mehr ein surreales Universum: Mit pokernden Mönchen, einer gemeinsam kackenden Abendgesellschaft und obszönen Fotos, die sich als Ansichtskarten von Paris herausstellen, hält der spanische Regisseur der Gesellschaft ebenso amüsant wie intelligent den Spiegel vor, indem er ihre Rituale kurzerhand ins Gegenteil verkehrt. (OmU, 23. 2., Lichtblick-Kino)