"Neumayer III" in Antarktis eröffnet: "Nationale" Forschung im ewigen Eis
Deutschland eröffnet Antarktis-Forschungsbasis. Es geht um Klima - auch das politische.
BERLIN taz | Von der großen Videowand winken eingemummte Polarforscher. Sie stehen hinter einem Mäuerchen aus Schneeblöcken. Auf der Bühne in Berlin steht Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), murmelt "oh, oh" und drückt auf einen großen roten Knopf. Dann ist die neue deutsche Forschungsstation in der Antarktis, "Neumayer III", eingeweiht. Kosten: 40 Millionen Euro. Pompöse Musik erklingt. "Das ist ein guter Tag für die Polarforschung", meint die Ministerin.
Doch an diesem Tag geht es um weit mehr als um Wissenschaft. Denn so lebensfeindlich der Kontinent am Südpol ist, er ist weltweit zum Ziel nationaler Interessen geworden. Unter der dicken Eisschicht ruhen bisher praktisch unberührt reiche Vorkommen an Erdöl, Gas und Kohle.
Ein Umweltschutzprotokoll des Antarktisvertrags verbietet zumindest bis 2041, dort Rohstoffe zu fördern. Laut Vertrag soll die Antarktis allein der Forschung zur Verfügung stehen. Doch hinter den Kulissen wird um Gebietsansprüche gekämpft - so hart wie lange nicht. Großbritannien erhebt vor der UNO Ansprüche auf eine große Fläche des Meeresgrunds vor der Antarktis. Diese Fläche sei wegen der Nähe zum Festlandsockel der Falklandinseln britisches Gebiet, so die Argumentation. Argentinien kündigte im vergangenen Jahr an, sein Militär in die Antarktis zu entsenden. "Es ist notwendig, unsere natürlichen Ressourcen zu verteidigen, unsere Antarktis, unser Wasser", sagte die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner. Offiziell geht es bei dem Vorhaben um "Umweltschutz".
Die deutsche Forschungsstation soll sich vor allem der Klimaforschung widmen und wie ihre zwei Vorgängerstationen dazu beitragen, Langzeitdaten zur Klimaentwicklung in der Polregion zu sammeln. Ambitionen, neue Rohstoffvorkommen zu erschließen, habe Deutschland keine, so Ministerin Schavan. "Unsere Agenda ist klar", sagt sie.
Die ist aber so wie die anderer Länder deutlich von nationalen Interessen geprägt. "Wir machen eine national orientierte, aber international eingebundene Forschung", erklärt Jürgen Mlynek, der Präsident der Helmholtz-Gesellschaft, die für den Bau der Neumayer-III-Station verantwortlich ist. "Mit der Station können wir unsere Verpflichtungen im Rahmen des Arktisvertrags wahrnehmen", freut sich Schavan. Der repräsentative Bau im Süden soll den deutschen Anspruch auf Mitsprache in der Antarktispolitik untermauern.
Das nächste Großprojekt der deutschen Polarforscher steht schon in den Startlöchern. Zusammen mit anderen europäischen Ländern wollen sie ein neues Forschungsschiff anschaffen, das auch Bohrungen am antarktischen Meeresgrund durchführen kann. Nach Rohstoffen wollen sie damit nicht suchen. Vorerst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!