Nachgefragt: „Doch noch ein hübscher Spätsommer“
■ Vorher aber nur naßkalte Aussichten
Was ist schon ein Jahr Große Koalition gegen die Frage, die Bremen bewegt wie keine andere: Bleibt das Wetter so bescheiden oder können wir hoffen? Der Meteorologe Jürgen Vollmer sagt jeden Tag für „Radio 107.1“ das Bremen-Wetter voraus.
taz: Kommt der Sommer noch?
Jürgen Vollmer: Eine vielgefragte Frage. Es sieht doch eher so aus, daß dieser Hochsommer eher unbeständig mit unternormalen Temperaturen und häufigem Regen abläuft. Im Juli vielleicht sechs, sieben, acht Sonnentage und Temperaturen meist doch unter 25, häufig unter 20 Grad. Anfang August das gleiche, aber die zweite Augusthälfte verspricht dann doch noch hübschen Spätsommer.
Woher wissen Sie das jetzt schon? Das Wetter ändert sich doch jeden Tag.
Die statistische Auswertung langfristiger Beobachtungen gestattet doch solche Wettertrends. Einer dieser Trends ist: Wir hatten jetzt eine ganze Menge toller Sommer mit sehr hohen Temperaturen und viel Trockenheit. Damit das langjährige Mittel wieder stimmt, muß sich zum Ausgleich auch mal die andere Seite abspielen: Ein Sommer, in dem der Westwind häufiger zum Kontinent durchbricht. Gestützt werden die Statistiken zusätzlich durch den Verlauf der Sonnenflecken-Aktivität. Auch dieser Zyklus spricht dafür, daß wir jetzt einen eher unbeständigen Sommer bekommen. Und dann ist da der Verlauf der Vormonate: Ein warmer Mai, und von einer kurzen Hitzeperiode abgesehen, ein doch eher unbeständiger Juni.
Die einzige kleine Chance, die wir noch haben: Wenn innerhalb der nächsten acht Tage der große Wechsel zu schönem, trockenem und stabilem Hochdruckwetter stattfände, spräche viel dafür, daß auch der Hochsommer insgesamt für die nächsten fünf, sechs Wochen schön bleibt. Aber es sieht nicht danach aus.
Wie können Sie soviel über das aktuelle Bremer Wetter sagen, wo Sie doch bei Marburg sitzen?
Ich habe hier ein magisches Auge vor mir. Der Wettersatelit Meteosat liefert alle halbe Stunde eine neue Aufnahme, nachts mit Infrarot. Wenn man dazu noch ein paar Leute hat, die beobachten und Temperaturen registrieren, und nutzt, was das Internet alles an Informationen bietet, dann hat man all das zusammen, was der Meteorologe heute braucht.
Für Mittwoch haben Sie Schauer, Kälte und ähnliche Widrigkeiten vorausgesagt. Tatsächlich war es aber herrlich warm und sonnig. Wie kann denn das passieren?
Das ist der klassische Schlamassel. Da hatte sich ein Regenband mit recht hohem Tempo vom Atlantik genähert und dann auf einmal abgebremst, weil über der Biskaya ein kleiner Warmluftstoß von Süden das ganze mehr nach Norden gedrückt hat. Und so gab es im Laufe des Tages immer weniger Dynamik in den Wolken, sie haben abgebremst und sich im Ostteil auch noch aufgelöst. Das sind Vorgänge, die können innerhalb von wenigen Stunden ablaufen und führen eine Prognose ad absurdum. Das Regengebiet ist so verspätet reingekommen, daß es dafür am Donnerstag morgen ziemlich übel ausgesehen hat.
Und wie wird es heute?
Am Freitag bekommen wir die nächste Wolkenwelle, die wieder zum großen Regen führen wird. Ase
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