NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI : Vertrackter sterben
Es ist ja eine schöne Sitte, dass die Toten in Kieler Tatorten von Schiffen plumpsen, in Hafennähe umkommen oder auf Booten ermordet werden. In „Borowski und der freie Fall“ wird sogar zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre jemand auf einer Hallberg-Rassy-Jacht umgebracht – und es gibt wohl wahrlich schäbigere Orte, um aus dem Leben zu scheiden. Im aktuellen Fall aus Kiel erwischt es den Unternehmer Dirk Sauerland, und schon fragen sich die Kommissare Borowski (Axel Milberg) und Brandt (Sibel Kekilli) natürlich: „Wer könnte der Mörder sein?“
Der Zuschauer zerbricht sich derweil den Kopf darüber, wer denn nun der Tote eigentlich alles gewesen sein soll: Exmann der Talkmasterin Ulla Jahn (Marie-Lou Sellem), Geliebter eines Ministers, Autor, Journalist, Alkoholiker, maroder Industrieller. Soll man das glauben?
Schnell stellt sich heraus, dass der Tod Sauerlands mit dem realen, bis heute nie vollständig aufgeklärten Tod des CDU-Politikers Uwe Barschel 1987 in einem Genfer Hotel zusammenhängen soll. Die Ermittler dürfen nach Genf reisen, das genau wie Kiel am Wasser liegt, dabei jedoch etwas weniger lieblich wirkt als die Hauptstadt von Schleswig-Holstein.
Dann gerät oben erwähnter Minister (Thomas Heinze) wegen seiner Affäre mit Sauerland in Erklärungsnot, was wie die Barschel-Storyline ebenfalls an einen Realbezug (CDU-Hoffnungsträger von der Ostsee stolpert über Facebook-Liebschaften mit minderjährigen Mädchen) erinnert. Und zu allem Überfluss sieht Thomas Heinze in diesem „Tatort“ auf geradezu unheimliche Art und Weise wie ein schleswig-holsteinischer SPD-Politiker aus.
Dieser „Tatort“ zielt hoch, verliert sich dann aber leider in der Summe der Details. Ob und warum Barschel umgebracht wurde und wenn ja, von wem, diesem ungelösten Rätsel vermag sich der Film nur unbefriedigend zu nähern.
■ Kiel-„Tatort“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD