NANA HECK DIE ERDBEERBÄUERIN : Mecklenburg-Vorpommern in Flammen
Bundesimmissionsschutzgesetz? Die Einheimischen halten sich lieber an die Pflanzenabfalllandesverordnung MV, damit sie im Herbst ihre alten Matratzen verbrennen können
Mecklenburg ist ein schönes Land. Wunderbare Ostseeküste, riesige Naturparke, saubere Seen, freundliche Bewohner – und gute Luft. Mit Letzterem kommen die hiesigen Einwohner leider nicht immer zurecht. Durch allerlei Immissionsschutzverordnungen eingeschränkt, können sie aber kaum etwas dagegen tun. Auch hier haben moderne Heizungen, Rußpartikelfilter und sogar Rauchverbote Einzug gehalten.
Um den Feuer- und Rauchbedürfnissen der Bevölkerung dennoch entgegenzukommen, erlauben die mecklenburgischen Kommunen im Herbst und Frühjahr einfach das Verbrennen von Gartenabfällen, was dazu führt, dass Datschenbesitzer und Kleingärtner im März und Oktober Feuer machen. Autoreifen, Altöl und alte Matratzen haben dabei einen festen Platz im Standardsortiment der Gartenabfälle, ohne diese Brandbeschleuniger wären die nassen Laubhaufen auch kaum brennbar.
Als ehemalige Städter, allenfalls fettschwangere Grillfeuer im Hochsommer gewohnt, holte uns unser erster Oktober im ländlichen MV fast von den Beinen, ganze Kleinstädte werden hier zugeräuchert, der Dioxingehalt der Luft ordentlich aufgefrischt.
Nur sehr selten regt sich Widerstand, wenn auch nicht in der Öffentlichkeit. So konnte ich neulich eine Diskussion in der Kaufhalle mitverfolgen, von der ich anfangs positiv überrascht war. Eine Frau schimpfte über den Qualm, die Kokelfritzen würden doch nur ein wenig nasses Alibiholz anzünden, um dann ihre alten Matratzen zu entsorgen. Verwundert über so viel ökologische Weitsicht hierzulande war ich schon versucht, zustimmend ins Gespräch einzusteigen. Diesen Impuls bremste die Verkäuferin aus: Ja, eine Sauerei sei das. Nasses Holz gehöre doch nun wirklich auf die Matratzen obendrauf, empörte sie sich. Sonst sei doch klar, dass der Haufen nicht ordentlich brennt.
Natürlich ist das „Brennen“ nicht grundsätzlich erlaubt, sondern sollte laut Immissionsschutzgesetz die Ausnahme sein. Doch die „Pflanzenabfalllandesverordung MV“ erlaubt das Verbrennen pflanzlicher Abfälle, „falls ein Einbringen in den Boden oder eine Kompostierung nicht möglich ist“.
Als alte Mist- und Komposthaufenbetreiberin frage ich mich allerdings, was das denn für Pflanzenteile sein sollen. Jede organische Substanz verrottet unter entsprechenden Verhältnissen – bedauerlich, dass Kompostierung und organische Düngung offensichtlich immer noch im Hintertreffen sind. Also freuen wir uns nun auf den sonst eher ungeliebten November. Mit der Aussicht auf ein letztes bisschen rauchfreien „Indian Summer“ in MV.
■ Die Autorin ist Biobäuerin in Mecklenburg. Foto: privat