NACH DEM TSUNAMI FÄLLT SRI LANKA WIEDER IN DEN BÜRGERKRIEG ZURÜCK : Sieg der zynischen Spieler
In Sri Lanka tobt wieder ein Krieg. Die Heftigkeit aber, mit der sich die Truppen der singhalesischen Regierung und der Tamil Tigers im Osten der Insel wieder die Köpfe einschlagen, lässt nur einen Schluss zu: Beide Seiten haben nach diesem Krieg gegiert.
Über vier Jahre ist der Waffenstillstand nun alt. Er wurde, nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg, von der erschöpften Bevölkerungsmehrheit wie eine Erlösung begrüßt. Das gemeinsam erlebte Trauma des Tsunami eröffnete die zusätzliche Chance zum gemeinsamen Wiederaufbau des Landes. Doch weder das Schweigen der Gewehre und das Ende der Selbstmordattentate noch der Spendenfluss nach dem Tsunami konnte die politischen Parteien dazu bringen, diese Chance zu nutzen. Je länger die Fortschritte am Verhandlungstisch ausblieben, desto mehr bröckelte die Basis für einen Frieden. Die Zivilgesellschaft, erschöpft vom langen Krieg und der Naturkatastrophe, hatte dem nichts entgegenzusetzen. So konnte sich auch keine machtvolle Bewegung für einen Frieden entwickeln.
Stattdessen waren es wieder die zynischen Spieler auf beiden Seiten, die sich der politischen Agenda bemächtigten. Die Tamil Tigers (LTTE) waren nicht bereit, ihren totalitären Machtanspruch zu lockern. Den Waffenstillstand nutzten sie, um ihre politischen Gegner unter den Tamilen zu liquidieren. Bei den singhalesischen Parteien kam rasch wieder das tiefsitzende Misstrauen gegenüber den Tamilen hoch. Dieses Misstrauen paarte sich mit der Angst, dass Kompromisse dem politischen Gegner aus dem eigenen Lager der singhalesischen Mehrheit nützen könnten. Wenn sich eine Gelegenheit bot, den Befreiungstigern eins auszuwischen, wurde sie deshalb genutzt.
Der abtrünnige LTTE-Oberst Karuna genießt geheime Protektion aus Colombo, weil er wie ein Stachel im Fleisch der Tamil Tigers sitzt. Diese wiederum besannen sich auf ihre alte Spezialität und setzten Selbstmordattentäter auf den Außenminister und den Armeechef an. Und die internationalen Vermittler müssen wieder einmal zur Kenntnis nehmen, dass Geld nicht dicker ist als Blut. Besonders, wenn es das Blut des Gegners ist.
BERNARD IMHASLY