■ Mit Slowenien auf du und du: Klein, aber erfolgreich
Prešov (taz) – An der Wirtschaftsleistung gemessen, hat Slowenien die beiden EU-Staaten Griechenland und Portugal bereits überholt und liegt kurz hinter Spanien; zwei Drittel des Niveaus im Nachbarland Österreich sind bereits erreicht. Und ein Ende des Wachstums ist noch nicht in Sicht.
Damit hat das vormals sozialistische Slowenien seinen Systemwechsel fast vorbildlich vollzogen. Nur kurz gab es eine Anpassungsrezession in den Jahren 1991 (minus acht) und 1992 (minus 6,5 Prozent), die vor allem dem Zusammenbruch der Lieferbeziehungen zu Ex- Jugoslawien zuzuschreiben ist. Seit 1994 wächst das slowenische Bruttosozialprodukt um 4,5 bis 5,5 Prozent jährlich.
Das kleine Land mit seinen nur zwei Millionen Einwohnern und einem entsprechend kleinen Inlandsmarkt ist auf die internationale Arbeitsteilung angewiesen. Die Handelsbilanz – Sloweniens Hauptexporte sind Industriegüter – ist allerdings negativ. Aber die enormen Einnahmen aus dem Tourismus tragen zu einer insgesamt ausgeglichenen Leistungsbilanz bei.
Die Arbeitslosigkeit hat sich bei 12 bis 14 Prozent eingependelt. Schlecht Ausgebildete haben kaum Chancen: Wegen der relativ hohen Löhne gilt Slowenien schon seit mehreren Jahren nicht mehr als Billiglohnland für arbeitsintensive Produktionen, und dies, obwohl die Netto-Realeinkommen noch nicht wieder den Stand von 1990 erreicht haben. Die Privatisierung der Wirtschaft kommt nicht recht voran. Gegenüber ausländischen Investoren herrscht eine ausgesprochen frostige Stimmung. Außerdem tut sich die Regierung schwer damit, unproduktive Staatsbetriebe pleite gehen zu lassen. Einen Skandal hat im Frühjahr der Konkurs der Lkw-Fabrik TAM in Maribor verursacht. Dabei produzierte TAM schon in alten Zeiten so teuer, daß selbst die alte jugoslawische Bundesarmee ihre Lkws lieber in der Sowjetunion kaufte oder in Nato- Ländern.
Daß das industrialisierte und relativ wohlhabende Slowenien viel länger als andere Reformstaaten brauchte bis zu einer Assoziation mit der EU – Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei hatten diesen Status schon 1992 erreicht, Bulgarien und Rumänien folgten 1993 –, daran ist Italien schuld. Rom forderte ultimativ von Ljubljana eine Wiedergutmachung für Italiener, die nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet und aus Slowenien vertrieben worden waren. Die slowenische Verfassung hingegen verbietet ausländischen Grundbesitz.
Hinter den Kulissen hatten sich die Fachleute der EU, Sloweniens und Italiens längst auf einen Kompromiß geeinigt, aber erst durch den „Oliven“- Wahlsieges in Italien kam Bewegung in die Sache. Nun hofft die slowenische Regierung auf einen EU-Beitritt bis zum Jahr 2001. Dietmar Bartz
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