Mit Horst Köhler in Shanghai: Deutschlandtag auf der Expo
Die Wartezeiten vor dem deutschen Pavillon sind lang. 45.000 Besucher werden hier Tag für Tag durchgeschleust. Der Bundespräsident hat deutsche Fußballer mitgebracht.
SCHANGHAI taz | Deutschland präsentiert sich cool an diesem schwülen Vormittag in Schanghai. Eine HipHop-Band tobt über die Bühne, die Gruppe 2Raumwohnung singt: "Rette mich später - jetzt noch nicht!" Im Publikum sitzen rund ein Dutzend Fußballer, die einst in Deutschland und in der Welt Rang und Namen hatten, sie spielen in China gegen eine Veteranenmannschaft. Auch Exbundestrainer Rudi Völler ist da. Seine Jungs von Bayer Leverkusen werden am Abend gegen die chinesische Nationalmannschaft antreten.
Deutschlandtag auf der Expo in Schanghai: Bundespräsident Horst Köhler ist extra angereist. Ihn empfängt Schanghais Parteisekretär Yu Zhengsheng, der mächtigste Politiker der 20-Millionen-Metropole, und der lässt stoisch das Klanggewitter der deutschen Musiker über sich ergehen. Es ist fast wie eine Familienfeier, was da gestern Vormittag auf dem Sun Valley Plaza stattfindet, denn gewöhnliche chinesische Besucher dürfen nicht zu nahe an die Veranstaltung herankommen - aus Sicherheitsgründen. So verklingt auch die Rede Köhlers über "eine Weltausstellung für ein besseres Leben auf unserer einen Welt", in der er über die Zukunft der Städte und die Notwendigkeit des Bürgersinns spricht und chinesische Leistungen lobt.
Deutschland ist stark vertreten auf der Expo: Nicht nur mit dem deutschen Pavillon, der sich "Balancity" nennt, sondern auch mit einem Bambushaus und vier Ausstellungen von Hamburg, Bremen, Freiburg und Düsseldorf. Weit über 50 Millionen Euro kostet allein der Bau und Betrieb des "Balancity"-Pavillons für das halbe Jahr der Weltausstellung. Vor dem deutschen Pavillon windet sich eine lange Schlange Wartender. Helfer verteilen schwarzrotgoldene Fähnchen. Eine blonde Deutsche im weißen Kostüm mit Tiara im Haar schaut aus dem Eingang: "Das ist Sissi", ruft eine chinesische Pavillon-Mitarbeiterin, "dann kann auch ihr Cousin Ludwig nicht weit sein." Die beiden historischen Figuren sind "der bayerische Beitrag", sagt sie. Mecklenburg-Vorpommern ist durch einen Strandkorb vertreten, eine Skulptur der Stadtmusikanten repräsentiert Bremen.
Köhler schreitet geduldig durch die Ausstellung, schaut Informationen über Schrebergärten, Thermohanf, bionische Pinguin-Roboter an und lernt, wie man virtuell Fisch mit Gemüse süß-sauer kocht. Höhepunkt der Schau ist die Energiekugel - ein Ball von drei Meter Durchmesser mit 400.000 Leuchtdioden -, die zu schwingen beginnt, wenn das Publikum laut genug ruft. "Das ist der Renner", schwärmt Pavillon-Sprecherin Marion Conrady.
Die Deutschen und die Schweizer nebenan - sie haben als Clou eine Seilbahn installiert - sind ungemein beliebt beim Publikum. Bei den Deutschen führt das zu Problemen: Der Pavillon ist zu eng, um so viele Menschen möglichst zügig durchzuschleusen, 45.000 sollen es täglich sein. Aus dem Lautsprecher erklingt die Durchsage, dass "die Wartezeit vor dem Deutschen Pavillon immer noch zwei Stunden" beträgt. Das ist zu viel für Frau Li Meiying und ihre Reisegruppe aus der Stadt Taiyuan in Zentralchina, über 1.000 Kilometer von Schanghai entfernt. Sie sind Rentner, haben früher "im Molkereiwesen gearbeitet". Es ist ihr vierter Tag auf der Expo. "Wir waren zuletzt in Japan, Birma, Südkorea, Thailand", sagt Frau Li. Ihre Reisegruppe ist sich einig: Der beste Pavillon von allen ist der chinesische. Warum? "Weil wir China lieben." Zu den Deutschen soll es morgen gehen. Frau Li hat sich auf eine lange Wartezeit eingerichtet.
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