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Mehr Schüler, weniger Lehrer, keine neuen Stellen?

■ Elternbeirat kritisiert Sparen im Bildungsressort / Behörde: Nichts beschlossen

Immer mehr SchülerInnen werden in Bremen von immer weniger LehrerInnen unterrichtet. Die Folge ist, daß bestimmte Fächer – Naturwissenschaft und Musik – an einigen Schulen nur noch teilweise oder gar nicht unterrichtet werden, daß LehrerInnen in Sachgebieten und Schulstufen unterrichten, für die sie nicht ausgebildet sind, und daß Schulstunden ausfallen, weil es keine Vertretungen gibt. Diese Zustände jedenfalls sieht der Zentralelternbeirat (ZEB) als Folge der Sparrunde im Bildungsressort ab nächstem Schuljahr heraufziehen. 28 Millionen soll die Behörde einsparen und denkt deshalb darüber nach, die für das neue Schuljahr vorgesehenen 35 Neueinstellungen durch interne Versetzungen einzusparen, erklärte der ZEB gestern.

Gegen diese „Umschichtungen“ wendet sich der ZEB und fordert, daß die „Neueinstellungen zumindest der Zahl der ausscheidenden LehrerInnen entsprechen.“ Schon jetzt beträgt das durchschnittliche Alter der LehrerInnen 48 Jahre, die Klassen werden wieder größer und die Zahl der Vertretungsstunden wurde teilweise von fünf Prozent der Gesamtstundenzahl auf 1 Prozent zurückgefahren. Das alles vor dem Hintergrund, daß die Schülerzahlen bis 1996/97 um fast 3.000 steigen, während die Zahl der LehrerInnen um fast 700 zurückgeht.

Betroffen sind vor allem Grund- und Sonderschulen. Freia Rinaldo von der Grundschule Admiralstraße schilderte, daß zum Wechsel des Schuljahres drei LehrerInnen ausscheiden. Noch sei völlig ungewiß, ob und durch wen sie ersetzt würden. Dem Lehrermangel im Grundschulen (67 Stellen) und bei den Sonderschulen (40 Stellen) steht nach Berechnungen der Bildungsbehörde ein „rechnerischer Überhang“ bei den Gymnasien und Berufsschulen. Diese LehrerInnen sollen nun in die freien Stellen umgesetzt werden. „Aber es wird nicht auf den Fachbedarf geschaut, da kommen zwei Lehrerinnen für Kunst und niemand, der Mathe unterrichtet“, meint Freia Rinaldo. Zusätzliche Probleme gibt es, weil LehrerInnen teilweise nur für einzelne Stunden versetzt werden.

„Umschichtungen“ seien keine Folge der jüngsten Sparbeschlüsse, meint dagegen Birgitt Rambalski von der Bildungsbehörde. Die Versetzungen von LehrerInnen aus den überversorgten in die unterversorgten Bereiche würden bereits seit längerer Zeit und mit Erfolg durchgeführt. Allerdings werde niemand aus dem Gymnasium in die Grundschule geschickt, sondern nur in die jeweils darunter liegende Schulform. „Wir müssen 1994/95 allein im konsumtiven Bereich 24 Millionen Mark einsparen, aber die Umsetzungen sind davon unabhängig“, sagte Rambalski. „Es wird über ein Paket von Einsparungen geredet, und da ist die mögliche Nichtbesetzung einiger dieser neuen 35 Stellen auch zur Sprache gekommen, aber da ist noch nichts entschieden.“

Hart trifft es auch die Sonderschulen. Margitta Schmidtke aus Grohn spricht davon, daß zum nächsten Schuljahr 8,5 Prozent mehr Kinder aufgenommen werden. „Auch bei uns werden drei Stellen frei, ohne daß wir wissen, ob sie wieder besetzt werden“, meint sie. Eine mögliche Konsequenz daraus ist der Wegfall von Nachmittagsunterricht, der gerade die Mütter behinderter Kinder sehr entlastet. Die andere Konsequenz ist, daß der Unterricht von behinderten Kindern in der „normalen“ Regelschule eingestellt wird, weil es keine Betreuung dafür gibt. „Die in Bremen propagierte Tendenz, die Sonderschulen zugunsten der Regelschulen aufzulösen und behinderte Kinder zusammen mit nichtbehinderten zu unterrichten, wird dadurch unmöglich“, meint Schmidtke. bpo

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