Mär vom Anti-Doping-Kampf : KOMMENTAR VON ANDREAS RÜTTENAUER
Das deutsche Team T-Mobile hatte es ganz eilig. Kaum hatte man erfahren, dass Jan Ullrich und Oscar Sevilla doch in die spanische Blutwäscheaffäre verwickelt sein sollen, wurden die beiden aus dem Team genommen. Stolz verkündete man die Entscheidung, um sich damit als große Saubermänner der Radsports zu präsentieren. Motto: Wer dopt, fliegt raus.
Nun ist der Zeitpunkt der Entscheidung sicherlich spektakulär. Doch die Teamleiter der suspendierten Fahrer haben nur auf einen drängenden Verdacht hin reagiert. Gehandelt haben die staatlichen Behörden in Spanien. Erst als die Indizien, die die Polizei in Spanien zusammengetragen hat, den Schluss nahe legten, dass Ullrich, Basso und Konsorten mit den beschuldigten Ärzten zusammengearbeitet haben, wurden Konsequenzen gezogen.
Solange nichts bewiesen war, durften die Profis dagegen munter weiterradeln. Dabei war das Blutlabor der spanischen Dopingdraculas schon im Mai entdeckt worden. Schon damals zählte Ullrich zu den Verdächtigen, auch der Name Basso fiel. Doch die beiden durften weiterradeln, ihre Erfolge wurden gefeiert.
Dass sich das Team T-Mobile nun als Rennstall der Saubermänner präsentiert, darf getrost als scheinheilig bezeichnet werden. Denn eigene Untersuchungen hat das Team T-Mobile nie angestrengt. Den Fahrern wurde lediglich eine Ehrenerklärung abverlangt – das war’s. Wie ihre Angestellten arbeiten, mit wem sie Kontakt haben, das hat die Arbeitgeber der Rennfahrer herzlich wenig interessiert. Sie durften machen, was sie wollen. Erst wenn eine Dopingprobe positiv ist oder staatliche Behörden im Betrugssumpf fündig geworden sind, wird gehandelt.
Dabei hat nie jemand erklärt, wie etwa die irrwitzig hohen Hämatokritwerte des Tour-Siegers von 1997, Bjarne Riis, zustande gekommen sind. Ex-Magenta-Radler Alberto Elli wurde beim Giro 2001 von einer Polizeirazzia mit eindeutigem Material überrascht. Christian Henn beendete 1999 vorsorglich seine Karriere, nachdem er in Verdacht geraten war. Und Jan Ullrich wurde wieder eingestellt, weil man ihm die Mär von der Disko-Pille abnahm.
So viel ist sicher: Anti-Doping-Kampf sieht anders aus.