MOTORSTORM APOKALYPSE : An der Konsole
Als alles getan war, setzte ich mich aufs Sofa und fuhr zur Belohnung Autorennen auf der Playstation. Ich hatte das Rennen im Internet gekauft, es heißt „Motorstorm Apokalypse“ und spielt in schwer beschädigten Städten mit Erdbeben. Ständig explodieren Sachen, oft regnet es, es ist dunkel oder es gibt gleißendes Gegenlicht.
Es gibt Rennen auf Hochhausdächern und Gegner rammen das Fahrzeug, in dem man unterwegs ist. Manchmal rennen einem Leute vors Auto, aber sie bluten nicht. Eine Weile versuchte ich mich in das Rennen hineinzusteigern, aber es klappte nicht ganz. Ich konnte mich nicht richtig darin verlieren, die Zeit blieb stehen, statt zu verschwinden; eher unengagiert und mutlos schlug ich auf die Zeit ein. Doch sie ging nicht tot.
Wahrscheinlich lag es daran, dass ich meine schönsten Autorennmomente vor vielen Jahren nicht allein erlebt hatte. Als ich noch keine Playstation hatte, besuchte ich oft einen Freund, einen sportlichen Späthippiekiffer, der als Tauchlehrer arbeitete und dann irgendwann verschwand. Wenn ich Playstation gespielt hatte, hatte ich jedenfalls immer seine Welt besucht. In seiner Welt hatte mich das Autorennen begeistert, auch wenn ich immer gegen ihn verlor. In meiner Welt dagegen hatte ich mich um den Schein einer gewissen Restseriosität bemüht.
Irgendwann dann hatte ich mir eine Konsole gekauft und konnte in meiner Wohnung Autorennen fahren, auch online mit komischen Leuten aus der ganzen Welt, die englisch, spanisch, russisch oder deutsch sprachen. Aber es war nicht dasselbe. Ich fuhr Rennen mit zwölf anderen, die online waren. Manche spielten mit Headsets und redeten dummes Zeug. Der Sound war etwas scary verrauscht. Dann war schon wieder Abend. Ich war enttäuscht, dass die Nahrung schon nicht mehr wirkte und ich wohl essen musste. DETLEF KUHLBRODT