MORGEN : Erwachsene Punker auf musikalischer Entdeckungsreise
Die Halbwertzeit popkultureller Posen ist kurz. Das trifft auch für Punk zu, der nur wenige seiner Protagonisten in Würde alt werden sieht. Niemand kann einen Mittsechziger mit No-Future-Attitüde ernst nehmen, hat er doch eindeutig die eine oder andere Zukunft bereits hinter sich. Wer also im Geschäft bleiben will, muss ein paar Akkorde dazulernen und den Punkwurzeln noch eine nicht gar so jugendaffine Traditionslinie hinzufügen. Ein sehr gelungenes Beispiel für eine solche Transformation sind die Mekons, die immerhin seit Mitte der 1970er Jahre auf der Bühne stehen. Statt gitarrenbewehrter Working-Class-Wut präsentieren sie seit einigen Jahren einen sehr charmanten Americana-orientierten Folk, der seine Herkunft nicht verleugnet, sondern in teilweise recht disparaten Texten auf neue Art interpretiert. Das ist eine glaubwürdige Weiterentwicklung einer ehrenwerten Haltung und keineswegs die andere Falle in die alternde Rebellen gerne treten: Die völlige Abkehr nicht nur von der Pose, sondern auch von allen Ideen dahinter, was nichts anderes als Selbstverleugnung ist und letztendlich wesentliche Etappen des eigenen Lebens ohne Not entwertet.
Ein weiterer Vorteil der musikalischen Veränderung hin zu ruhigeren Tönen ist natürlich auch, dass sich niemand auf der Bühne oder im Saal Sorgen um die müden Knochen machen muss – Stagediving und hohe Sprünge von Verstärkerbatterien sind nicht zu erwarten. Sehr weise.
■ Mekons: 5. November, 21 Uhr, C-Club, Columbiadamm 9. im VVK: 18 Euro