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Archiv-Artikel

MIT SEINEM BESUCH IN ÖSTERREICH BEENDET ISRAELS PRÄSIDENT DIE EISZEIT Bewältigte Vergangenheit

Dass die Beziehungen zwischen Israel und der Heimat des Zionismus-Begründers Theodor Herzl immer wieder gelitten haben, lag nicht nur an mangelnder Vergangenheitsbewältigung in Österreich. Es hatte auch außenpolitische Gründe: Unter dem Sozialdemokraten Bruno Kreisky (1970–1983) ermöglichte die damals noch offensiv vertretene Neutralität des Alpenstaats eine Vermittlerrolle zwischen Ost und West. Im Nahostkonflikt konnte es sich Kreisky als Jude leisten, für die Rechte der Palästinenser Partei zu ergreifen, ohne sich den Vorwurf des Antisemitismus einzuhandeln. Das Existenzrecht Israels stand nach den gewonnenen Kriegen von 1967 und 1973 nicht mehr in Frage; Wien trat für die Schwächeren ein: Trotz heftiger Proteste aus Israel wurde Arafat durch seinen Besuch in Wien salonfähig gemacht.

Kaum war diese Eiszeit vorbei, verärgerte Österreich Israel jedoch durch seine widerwillige Aufarbeitung der Vergangenheit. Als der einstige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim 1986 in Wien zum Wahlkampf um das Präsidentenamt antrat, tauchten Berichte über seine Mitgliedschaft in der SA und Erschießungen von Partisanen durch seine Wehrmachtseinheit in Griechenland auf. Und immer wieder brachte auch Jörg Haider, der etwa SS-Veteranen zu ihrer Prinzipientreue gratulierte, Österreich in Verruf.

Kein Wunder also, dass die Aufnahme dieser FPÖ in die Regierung in Jerusalem Unverständnis auslöste. Mit der Einrichtung des Entschädigungsfonds für NS-Opfer versuchte die Regierung Schüssel jedoch, in Jerusalem schön Wetter zu machen. Und unter den aktuellen FPÖ-Ministern findet sich heute niemand mehr, der durch Nazi-Nostalgie aufgefallen wäre. Auch antisemitische Übergriffe gibt es in Österreich im europäischen Vergleich eher selten. Und Österreichs Position im Nahostkonflikt ist unter Außenministerin Benita Ferrero-Waldner so konturlos, dass sich keine antiisraelische Haltung hineininterpretieren lässt.

Der Besuch des israelischen Staatspräsidenten Katzav in Wien signalisiert, dass diese Signale verstanden wurden. RALF LEONHARD