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Litauen: Kriegsverbrecher Alexynas wurde „automatisch“ rehabilitiert

Wilna (dpa) — Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Juosas Alexynas ist in Litauen rehabilitiert worden. Der in Wilna lebende 78jährige hatte während des Zweiten Weltkrieges dem litauischen Ableger der deutschen SS, dem 12. Polizeibataillon angehört. Somit war er für die Vernichtung von Zehntausenden litauischen Juden verantwortlich. Wie der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes Litauens, Mindaugas Losys, sagte, ist Alexynas „automatisch“ rehabilitiert worden, weil er 1945 von einem Schnellgericht des sowjetischen Geheimdienstes NKWD wegen seiner Zusammenarbeit mit der deutschen Besatzungsmacht zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war.

Grundlage dafür ist ein im Mai vergangenen Jahres vom litauischen Parlament verabschiedetes Gesetz. Damit waren alle NKWD-Urteile aufgehoben worden. Der Ex-Polizist hatte bei einer Vernehmung im Fall des in Schottland lebenden Antanas Gecevicius-Getshas, der sein Kompaniechef in Polizeibatallon war, gestanden, an der Ermordung von Juden teilgenommen zu haben. Bei einem Lokaltermin des schottischen Gerichtshofes in Sachen Getshas, der unlängst in Wilna stattfand, widerrief Alexynas jedoch seine früheren Aussagen.

Nach den Worten des Vorsitzenden des litauischen Obersten Gerichtshofes kann die Rehabilitierung des mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrechers nur rückgängig gemacht werden, wenn gegen Alexynas Anklage wegen der Judenmorde erhoben wird. Dies sei in absehbarer Zeit jedoch nicht zu erwarten. Nach dem litauischen Gesetz gilt auch Alexynas als Opfer des sowjetischen KGB und kann Anspruch auf Wiedergutmachung geltend machen.

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