: „Liebe taz...“ Mit Konzept wäre das nicht passiert
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Die Ungereimtheiten im Zusammenhang mit einer Computer-Spende an eine Neustadts-Grundschule werfen grundsätzliche Fragen für das Sponsoring auf.
Etliche Wochen vor der Übergabe der Computer (mit Pressetermin) erkundigte sich eine dreiköpfige Delegation von Kraft Foods am Landesinstitut nach Möglichkeiten, die Installation und Konfiguration der Computer zu erledigen, den technischen Support der neuen Geräte langfristig zu gewährleisten und das Kollegium zu qualifizieren. Während eines mehrstündigen Gesprächs erfuhr die Delegation unter anderem vom Schul-Support-Service S3 und von einer aktuellen Untersuchung der Universität Bremen (Prof. Frieder Nake) über die Einsatzmöglichkeiten von Computern an Grundschulen. Darin wird empfohlen, je ein bis zwei Computer dezentral in Klassenräumen aufzustellen, nicht konzentriert in einem Labor. Sollte der bei Kraft Foods für Promotion zuständige Herr Windler diese Ausführungen völlig missverstanden haben oder hat der Sponsor selbst entschieden, dass sich ein bis zwei Geräte pro Raum über die Schule verteilt der Öffentlichkeit schlechter „verkaufen“ lassen als eine geballte PC-Ausstattung in einem Raum? Abgesehen davon verursacht die „verteilte“ Installation durch die aufwändigere Vernetzung deutlich höhere Kosten, die dem Sponsoren nicht schmecken.
Die „Hau-Ruck-Aktion“ des Sponsors, der die Geräte für einen halben Tag aufbauen ließ, sie nach Cottbus transportierte, Aufbau, Abbau, danach München, Aufbau, Abbau und dann wieder zurück nach Cottbus, wird nur am Rande thematisiert. Stattdessen dürfen in vollster Unwissenheit pädagogische Parolen von Unternehmensvertretern formuliert werden, die weit am Schulalltag vorbeigehen.
Auch die – insbesondere an Grundschulen – mangelnde Qualifikation der KollegInnen für den Einsatz Neuer Medien im Unterricht war Herrn Windler bekannt. Die mit der Multimedia-Schule IS am Leibnizplatz bereits erfolgreich angelaufene Fortbildung ist ein sinnvoller erster Schritt, dem Problem zu Leibe zu rücken. Ob die Kraft-Initiative, den KollegInnen dort „das Internet an sich noch mal vorzustellen“ an den Interessen der Betroffenen orientiert ist, bezweifeln wir. Internet bedeutet keineswegs bessere Bildung – gefragt sind Fähigkeiten in der fächerintegrierten Nutzung und die lernt man/frau nicht bei Kraft Foods.
Unterm Strich zeigt diese Episode, was passiert, wenn das Pferd von hinten aufgezäumt wird: Sponsor winkt mit Geräten, Schule sucht nach Einsatzmöglichkeiten, wesentliche Voraussetzungen dafür (Raum, Fortbildung) fehlen und können kurzfristig nicht bereitgestellt werden, alle sind enttäuscht.
Mit einem IT-Plan wäre das nicht passiert. Dieses Konzept enthielte alle Aspekte, die beim Einsatz Neuer Medien im Unterricht zu beachten sind. Neben einer technisch-personellen Bestandsaufnahme gehört dazu eine Bedarfsplanung von Hard- und Software, Vernetzung und der baulichen Maßnahmen sowie der Fortbildung und des technischen und pädagogischen Supports. Ein gutes Konzept enthält Aussagen über notwendige Ausgaben sowie Vorschläge, wie zusätzliche Mittel eingeworben werden könnten und wie jährlich das Erreichte auch überprüft werden soll (Evaluation). Für die Ausstattung mit Informationstechnik über öffentliche Mittel werden die Schulen in Bremen zukünftig solche IT-Pläne vorlegen müssen.
Dr. Andreas Breiter, Uni Bremen, Forschungsgruppe Telekommunikation/ Michael Plehnert, Referent für NeueMedien, Landesinstitut für Schule
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