LeserInnenbriefe:
taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin
briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.
Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Reichsbürger-Schublade
betr.: „Der Mann im Teufelsmoor“, taz vom 11. 11. 16
Was die Bild-Zeitung macht, kann die taz schon lange: die Reichsbürger-Schublade aufmachen. Gratuliere!
GERHARD CORDES, Stuttgart
Erwerbslebensarbeitszeit
betr.: „Lebensarbeitszeit wird immer länger“, taz vom 15. 11. 16
Lebensarbeitszeit steigt. Männer um 1,2 Jahre auf 36,7, Frauen um 2,6 (!) Jahre auf 32,8.
Da bleibt gendermäßig ja noch einiges zu tun, die Richtung stimmt aber auf dem Wege zur Gleichstellung von Mann und Frau. Weiter so! HUBERT LAMBERTI, Bermel
Gute Idee
betr.: „Refugee Teachers Welcome“, taz vom 16. 11. 16
Grundsätzlich ist die Idee gut, dass Lehrkräfte aus anderen Kulturen an deutschen Schulen unterrichten sollen. Denn dies ist in den meisten Fällen sowohl für ausländische LehrerInnen als auch für deutsche SchülerInnen eine Bereicherung. Man lernt voneinander. JULIA ENGELS, Elsdorf
Lieber Marianne oder Julia
betr.: „Große Koalition steht“, taz vom 15. 11. 16
Nun ist es also wieder mal geschafft. In allen politischen Hinterzimmern wurde gekungelt und geschachert, und heraus kam, dass Herr Steinmeier neuer Bundespräsident werden wird. Was für ein Schmierentheater. Ich will nicht an der Eignung des Kandidaten für dieses Amt zweifeln. Aber die Art und Weise, wie er in dieses Amt gehoben wird, kann ich nur als beschämend empfinden. Der Vorgang wird in keiner Weise der Persönlichkeit des Herrn Steinmeier gerecht. Ich hatte geglaubt, dass die Parteien aus den letzten drei Präsidentenwahlen gelernt hätten. Nach Köhler und Wulf konnten wir ja von Glück reden, dass mit Herrn Gauck eine höchst geeignete Persönlichkeit dieses Amt ausfüllte. Nun werden wir Herrn Steinmeier als Bundespräsidenten bekommen. Allen Respekt für diesen Kandidaten.
Mir wäre jedoch endlich mal eine Frau in diesem Amt lieber gewesen. Kandidatinnen hätte man finden können. Frau Birthler oder Frau Klöckner wären sicher bestens geeignet gewesen. Und für Deutschland wäre das gewiss ein großer Gewinn. Schade, aber für mich ein Zeichen, dass den Parteien der Mut und die Visionen für die Zukunft fehlen, dass sie hinter den Entwicklungen herlaufen und die Zeichen der Zeit nicht erkennen.
Und noch etwas ist mir wichtig zu sagen. Das Verfahren zur Wahl eines Bundespräsidenten halte ich nicht für richtig und nicht für zeitgemäß. Die Argumente, warum 1949 dieses Verfahren bevorzugt wurde, mögen damals gut nachvollziehbar gewesen sein. In der heutigen Zeit halte ich eine Direktwahl in dieses Amt durchaus für besser und angemessener. Die Argumente der Parteien gegen eine Direktwahl verschleiern nur schlecht das Interesse der Parteivorsitzenden, die Vergabe einer fetten Pfründe nicht aus den Händen zu geben. Ich sehe unser Land in keinem guten Zustand. RUDOLF SCHLEHAHN, Berlin
Özuğuz hat ihren Job gemacht
betr.: „‚ Die Wahre Religion’ verboten“, taz vom 16. 11. 16
Es ist falsch, wie Union und Deutsche Polizeigewerkschaft jüngst über die Migrationsbeauftragte Özoğuz hergefallen sind. Aus den vorab von Phoenix veröffentlichten Zitaten folgt bei genauer Lektüre nur, dass Frau Özuğuz zu bedenken angemahnt hat, dass eine Razzia, bei der nichts „herauskomme“, einen Eindruck von Willkür vermitteln könne, und, weiter, dass man bei der Verfolgung von Islamisten mit „sehr großem Augenmaß“ vorgehen müsse, damit es nicht heiße, es werde willkürlich in Moscheen eingedrungen.
Damit hat die Migrationsbeauftragte in dreierlei Hinsicht recht: Wenn Sicherheitsbehörden rabiat zuschlagen und sich dabei im Ziel vertun, muss das die zu Unrecht Betroffenen misstrauisch machen. Vertrauen in die Sicherheitsbehörden ist indes für gesellschaftlichen Zusammenhalt essenziell. Zweitens operieren Islamisten in Deutschland oft innerhalb muslimischer Gemeinden, deren Mitglieder höchst heterogene Ansichten vertreten. Die Gefahr, beim Eindringen in Moscheen auch Unbescholtene vor den Kopf zu stoßen und in der Folge misstrauisch zu machen, ist deshalb groß. Drittens operieren Sicherheitsbehörden, die gegen muslimische Einrichtungen vorgehen, aufgrund ihres verstörenden Versagens im Zuge der Aufklärung des NSU-Terrors und den falschen Verdächtigungen muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in einem verständlicherweise bereits von tiefem Misstrauen geprägten Umfeld. Das vergisst die Mehrheitsgesellschaft abseits der alljährlich wiederkehrenden Gedenktage allzu schnell. Jede weitere Maßnahme, die Gefahr läuft, Misstrauen zu schüren, muss daher wohlüberlegt sein.
Viel mehr als diese Selbstverständlichkeit lässt sich in die vorab bekannt gegebenen Äußerungen der Migrationsbeauftragten nicht hineinlesen. Im Übrigen hat sie die Razzien nicht pauschal verurteilt. Sie leugnet nicht, dass es sich womöglich um sinnvolle Maßnahmen im Kampf gegen eine reale Bedrohung durch islamistischen Terror gehandelt hat, sondern bringt den Preis solcher Maßnahmen zu Bewusstsein. Diesen Grad an Komplexität muss die Union aushalten. Frau Özoğuz hat letztlich nur ihre Aufgabe als Migrationsbeauftragte wahrgenommen, die auch darin besteht, zwischen gesellschaftlichen Gruppen zu vermitteln, deren Lebenswelten voneinander weit entfernt sind.
ANDREAS LEIDINGER , Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen