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Archiv-Artikel

LONG PLAYING RECORD Jukebox - Der musikalische Aszendent

Ein großes Danke und ein kleines Hallo

Es war nämlich so, dass die Band beim angekündigten Konzertbeginn noch auf der Autobahn war, irgendein Stau. Und man kennt ja die Panik, wenn man bereits verspätet den Saal betritt, und da ist noch nicht einmal das Schlagzeug aufgebaut. Das riecht gleich nach guter Laune. Dann waren sie da. Und jede andere Band hätte einen erst mal für ’ne Stunde nicht mit dem Arsch angeguckt, weil: Publikum muss man treten. Nicht aber Goggle-A letzten Freitag im Roten Salon. Kaum war das Schlagzeug aufgebaut, hüpfte schon die Schlagzeugerin dahinter wie ein Gummiball, drumrum gruppiert die Restband in Samtanzügen und Sonnenbrillen mit integrierter Augenklappe. Nett einstudierte Ansagen in Deutsch. Später Japanisch. Aber sie kommen ja aus Tokio und taten so, als würden sie wirklich für das Publikum spielen, mit den Sprüngen aus der Hocke heraus. Drehten sie ihre Gitarren um, konnte man darauf „Danke“ lesen. Und wirklich, der Saal tobte und er tanzte, und es war völlig schnuppe, dass der Sound selbst nach der Hälfte des Konzertes noch lausig war. Aber Goggle-A reißen sich eben den Hintern auf, egal ob da zehn, ob hundert oder mehr vor der Rampe stehen. Muss man auch tun, wenn man was zu verkaufen hat, das es eigentlich nicht mehr gibt. Die Sixties nämlich. Für Goggle-A ein echtes Liebhaberstück. Für den Moment im Roten Salon wirklich wahr.

Und hätte man nicht gerade auf die Bühne geschaut, wäre es einem gar nicht aufgefallen, dass sie schon angefangen haben. Pünktlich zum vereinbarten Konzertbeginn. Tortoise am Mittwoch, die eine doch irgendwie aktuelle Musik machen, zu der man Kunst genauso wie Jazzrock sagen darf (mehr dazu vorn auf den Kulturseiten). Manchmal spielten sie mit zwei Schlagzeugern. Die Drum-Kits aber waren nicht zum Publikum orientiert, sondern so aufgestellt, dass sich die Musiker hätten zuzwinkern können beim Spiel. Was sie natürlich nicht machten, weil sie ja in ihre Arbeit vertieft waren. Kunst macht man für sich. Egal ob da tausend, hundert oder zehn vor der Rampe sitzen. Aber der Sound war glasklar und nur Musik. Nicht einmal ein hingenuscheltes „Wir sind Tortoise“ oder der Verweis auf die neue Platte, oder dass man ihnen doch mit der Kulisse auf der Museumsinsel ein lauschiges Plätzchen eingerichtet habe. Kein Wort davon. Kein Wort überhaupt, bis auf ein knappes „Hallo“. Das war dann allerdings vor dem letzten Stück. Störte so irgendwie noch den Gesamteindruck. THOMAS MAUCH