piwik no script img

Archiv-Artikel

LESERiNNENBRIEFE

Minarette und Religionsfreiheit

■ betr.: „Eine Gefahr für die Demokratie“, taz vom 4. 12. 09

Immer wieder werden in den westlichen Ländern viele Freiheiten hochgehalten und hochgejubelt, wie z. B. Frauenrechte und Religionsfreiheit. Aber wenn es darauf ankommt, dies zu beweisen, wie zum Beispiel bei der Debatte ums Minarett an Moscheen, dann steigen die „meisten“ (wie in der Schweiz) aus und wissen nicht mehr genau, was man unter Religionsfreiheit zu verstehen hat.

Wenn die Religionsfreiheit für den einen aufrecht erhalten werden soll, indem er nicht gezwungen werden darf, die eine oder andere Religion anzunehmen, dann dürfen analog dazu auch diejenigen, die an ihre Religion glauben und diese praktizieren möchten, in ihrer Ausübung keine Behinderung erfahren. In diesem Falle stellt das Verbot von Minaretten eine Behinderung der freien Religionsausübung dar, denn die Minarette sind ein Wahrzeichen von Moscheen. Und wieso stellen allein die Minarette einen „Machtanspruch“ dar? Trotz der historischen Vergangenheit der Kirchen, die für politische Zwecke instrumentalisiert worden waren, kam niemals die Idee auf, ihre Türme wegzulassen. MONA SHEIKH, Hockenheim

Vom Mainstream abgehängt

■ betr.: „Die Tendenz geht hin zu Volkswillkür“, taz vom 9. 12. 09

Das Interview mit Roger de Weck habe ich mit Interesse gelesen, besonders die Antwort auf die Frage, was denn für die Minarettgegner ausschlaggebend gewesen sei. Da hätte ich mir allerdings von der Interviewerin Cigdem Akyol gewünscht, dass nachgefasst würde. Schließlich war wenige Tage zuvor zu lesen, dass überwiegend Frauen für das Minarettverbot gestimmt und in dem Zusammenhang ihre Ängste vor dem „frauenfeindlichen Islam“ geäußert hatten. De Weck antwortet zunächst, sehr nachvollziehbar, dass es das Islambild der Medien war, das die Menschen beeinflusst hatte. Dazu gehört aber auch und zwar sehr entscheidend, dass der Islam als eine Religion dargestellt wird, die Frauen unterdrückt. So zeigte ja auch das von der taz mehrfach abgebildete Plakat der Verbotsbefürworter eine Frau mit Ganzkörperschleier. Das Kopftuch als frauendiskriminierend anzusehen ist aber nicht nur eine Sache der Medien, sondern ganz entscheidend auch der Politik und Rechtsprechung in Deutschland. Mich hätte daher sehr interessiert, wie sich Roger de Weck dazu gestellt hätte.

So ist das Interview leider wieder ein Beispiel dafür, dass Nachrichten, die Frauen betreffen, separat erscheinen, vom Mainstream abgehängt werden. So vorzugehen ist der taz nicht würdig.

URSULA MÜLLER, Kiel

Wer küsst den Frosch?

■ betr.: „Voodoo ohne Altersbeschränkung“, taz vom 9. 12. 09

Kein anderes Märchen wird so falsch interpretiert wie der Froschkönig.

Als meine Tochter noch nicht erwachsen war, ermahnte ich sie immer beim Abschied in die Disco: Denk dran, du musst den Frosch an die Wand werfen, dann wird es ein Prinz! Das Märchen beschäftigt sich nämlich mit der Emanzipation und dem Widerstand gegen die moralische „Staatsgewalt“. Als sie von dem Frosch an ihr (in der Not) gegebenes Versprechen erinnert wird, ihn mit in ihr Bett zu nehmen, mischt sich der Vater ein und ermahnt sie, ein gegebenes Versprechen zu halten. Doch als der Frosch dann noch geküsst (und geliebt) werden will, wirft sie ihn „Gott sei Dank!“ an die Wand. Und wird für ihren zivilen Ungehorsam und die Achtung ihrer eigenen Gefühle mit einem angemessenen Partner belohnt. Merke: Die Prinzessin hat den Frosch nie geküsst! DANIELA SELBERG, Hannover

Verschleiern nicht mehr nötig?

■ betr: „Biotop für Pharma-Riesen“, taz vom 8. 12. 09

Tolle Realität: Um Produktionskapazitäten für eventuell auftretende, möglicherweise per fiktivem Impfstoff beeinflussbare Pandemien bereitzuhalten, setzt die (Medien-)Politik greifbare Menschen unter Impfdruck. Bezahlt werden die Impfungen von der sogenannten Solidargemeinschaft, also zuvorderst von mehr oder weniger abhängig Beschäftigten mit (unter-)durchschnittlichem Einkommen. Neu ist das nicht, werden doch u. a. auch „Piraten“ und „Terroristen“ als Bedrohung für großindustrielle Interessen steuerfinanziert „gejagt“ oder die Öko-Logik der Ressourcenschonung etwa per „Altwagenentsorgung“, „Bio-Diesel-Pushing“ etc. umgedreht usw. Für mich neu ist die Klarheit, mit der dies auch ausgesprochen wird. Ist Verschleiern nicht mehr nötig, da sich eh keiner beschwert?

HENDRIK FLÖTING, Berlin