LESERINNENBRIEFE :
Endlich gibt es Widerstand
■ betr.: „Poststreik. Die Bürde der Boten“, taz vom 10. 6. 15
Dass Outsourcing mittlerweile eine beliebte Variante ist, die in allen Bereichen genutzt wird, ob in Krankenhäusern, Altenheimen, Kitas, Sicherungsfirmen an Flughäfen usw., um Gewinne zu maximieren und Ausgaben zu reduzieren, scheint Richard Rother zu übersehen oder zumindest nicht für so wichtig zu halten. Zwar kann sich der Leser diese Problematik im weiteren Verlauf selbst erschließen, auch über die anderen Artikel, doch die Misere wird nicht wirklich beim Namen genannt.
Das Problem ist doch die Ausbeutung der Arbeitnehmer in allen Belangen. Und das Heer der Hartz-IV-Empfänger, der Minijobber und Leiharbeiter gibt das nötige Druckmittel her. Dass der Arbeitgeber Post hier Tarifrecht außer Kraft setzt, wird nur von der Gewerkschaft thematisiert. Herr Thomezcek von der Post tut noch so, als wäre dieses Outsourcing von Mitarbeitern eine karitative Leistung der Post; karitativ allerhöchstens zugunsten der Aktionäre.
Tatsächlich muss man die Streiks der jüngeren Vergangenheit wie hier bei der Post oder in den sozialen Diensten (Kitas) und auch der Lokführer begrüßen. Denn endlich gibt es Widerstand (leider noch viel zu wenig) gegen diese neokapitalistische Ausbeutung der Arbeitnehmer, die von den Regierungen unterstützt und mitgetragen wird. Die soziale Marktwirtschaft wird zwar noch im Grundgesetz beschrieben, aber den letzten Regierungen seit Bundeskanzler Gerhard Schröder ist dieser Teil des Grundgesetzes ziemlich gleichgültig, denn die Demokratie muss wirtschaftskonform sein. Auch die Sozialbindung von Vermögen wird ignoriert. Denn dann müsste es tatsächlich zu einer gerechten Erbschaft- oder Vermögensteuer kommen. Deregulierung ist das oberste Ziel sowie der Abbau von erkämpften Sozialstandards.
ALBERT WAGNER, Bochum
Da ist gewaltig was schiefgelaufen
■ betr.: „Briefeschreiber haben die Faxen dicke“, taz vom 10. 6. 15
Schade, dass Streik anscheinend das einzig wirksame Mittel ist, um einen gerechten Lohn zu bekommen. In unserer Gesellschaft ist bei so viel Ausbeutung gewaltig was schiefgelaufen!
JULIA ENGELS, Elsdorf
Schlichtend und ergreifend
■ betr.: „Atempause“, taz vom 5. 6. 15
Und schon ist es keinen Artikel mehr wert: Kita-Streik, schon vergessen? Schade, denn sein Anliegen geht weit über einen Tarifstreit hinaus.
Es geht um nichts Geringeres als um unsere Kinder. Und dabei geht es eben nicht um Pädagogik und auch nicht nur um die Frage, wie wir diejenigen wertschätzen, die sie von Berufs wegen ausüben. Es geht um uns als Gesellschaft und die Frage, wir wir mit Kleineren, Schwächeren, Stimmloseren, eben letztendlich doch nicht Gleichberechtigten umgehen.
Die Politiker haben sich vornehm ausgeschwiegen – ist ja nur ein Tarifstreit! – die Wirtschaft investiert eh nur in rentablere Projekte – die Arbeitgeber waren oft erstaunlich fantasielos im solidarischen Anbieten von alternativer Kinderbetreuung, und die betroffenen Eltern hatten wahrscheinlich sowieso am Ende die Schnauze voll.
Bleiben übrig: die Kinder und ihre Begleiter, die wahrscheinlich auch nach erfolgreicher Schlichtung eher kärgliche Erhöhungen zu erwarten haben. Ach ja, die armen Kommunen, die in der Tat von der großen Politik in dieser Frage allein gelassen werden. Womit sich der Kreis schließt: Es ist eine gesellschaftliche Frage, die uns alle angehen sollte, dieser Kita-Streik: denn es geht um nicht weniger als um unsere Zukunft und die Frage, wie wir uns gegenseitig wertschätzen wollen oder eben nicht. HILDEGARD MEIER, Köln