LESERINNENBRIEFE :
Blatter muss Fifa-Präsident bleiben
■ betr.: „Die hässlichste Nebensache der Welt“, taz vom 28. 5. 15
Blatter sollte er unbedingt wiedergewählt werden! Denn wenn nicht, entstünde ja der Eindruck, die Fifa wäre reformierbar, was ja definitiv eine weitere Illusion wäre! Diskussionen mit Fußball-Begeisterten über die Maffia-Strukturen des Fußballs haben immer wieder dasselbe Bild ergeben: Fußball-Begeisterte lieben es, Fußball zu schauen, sich später darüber mit anderen auszutauschen, mit ihrem Wissen zu prahlen, um Einschätzungen zu wetteifern, über unfähige Spieler, Schiedsrichter, Trainer zu schimpfen.
Und deshalb idealisieren sie ihre geliebten Objekte; deshalb zucken sie mit ihren Schultern, wenn die Korruption angesprochen wird; deshalb entschuldigen sie es, dass es halt mit der Akzeptanz gegenüber Schwulen noch dauere. Dieser Drang zur Idealisierung ist etwas genuin Gegenwärtig-Menschliches. Nur wenn es die anderen machen, wirkt es immer wieder lächerlich und erntet Kopfschütteln. Die übertriebene Verehrung von Wladimir Putin können wir nicht nachvollziehen; die Verehrung der Nazis des Dritten Reiches durch heutige Neonazis finden wir völlig daneben; die Vergötterung von Fußballspielern dagegen scheint vielen völlig normal zu sein!
Der nationale und internationale Fußball ist völlig verderbt, aber die Fans wollen sich ihren Spaß eben nicht verderben lassen. Vor allem aber wollen sie sich nicht mit der Tatsache auseinandersetzen, dass eben auch ihre kleine Flucht aus der Realität in eine angebliche Spielwelt nicht funktioniert. So wie sich die allermeisten Menschen nicht ernsthaft damit auseinandersetzen wollen, dass Geheimdienste in Demokratien nicht reformierbar sind oder das Gesundheitssystem oder das Steuersystem oder der Kapitalismus oder … Dem Elend schonungslos ins Gesicht zu schauen, die Wucht der Ohnmacht und der Wut ganz zu spüren und sich dann zu einer großen, solidarischen Verweigerung zu entschließen: Das ist einfach zu unbequem!
Der Fußball ist also nichts weiter als eine Versuchsanstalt, in der erprobt wird, wie westliche Demokratie funktionieren kann: Die Masse macht mit und schert sich nicht um Korruption, Bereicherung und Betrug – sofern sie weiterhin bespaßt wird. Blatter muss Fifa-Präsident bleiben! DETLEF KLEINE, Frielendorf
Verschwendete Steuergelder
■ betr.: „Furcht vor dem brennenden Heuballen“, taz vom 26. 5. 15
Der bayerischen Landesregierung und gewissen Landräten fehlt es offensichtlich an Demokratieverständnis. Kein Wunder in einem Land, wo Amigo-Politik und Vetternwirtschaft nur lässliche Sünden sind und die „Preußen“ als unliebsame Ausländer gelten.
Die Gewaltbereiten sind die Staatsoberhäupter selbst, die in Elmau zusammenkommen: In der Asylpolitik soll demnächst mit kriegerischen Maßnahmen die „Bedrohung“ durch die Flüchtlinge abgewiesen werden; die atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten wird auf besonderen Wunsch unter anderem der BRD neben den USA, Frankreich, Großbritannien verhindert; gegenseitiges Wettrüsten ist weiterhin angesagt; Demonstrationen der systematisch arm gehaltenen Bevölkerung zugunsten profitorientierter Multis werden gewaltsam aufgelöst und vieles mehr. Hier wird viel Steuergeld für die Zelebrierung der eigenen Wichtigkeit verschleudert. Konsequente Lösungsansätze der weltweiten Probleme darf man allerdings nicht erwarten, wie die bisherigen Veranstaltungen gezeigt haben.
CLAUS KRETZSCHMAR, Itzehoe
Viel zu teuer, dieser Gipfel
■ betr.: „Furcht vor dem brennenden Heuballen“, taz vom 26. 5. 15
Viel zu teuer, dieser Gipfel. Mein Vorschlag: der alte Regierungsbunker in der Eifel! Platz dürfte genug sein, die Tür ist von innen bombensicher zu verriegeln und Ablenkung von der Arbeit gibt es auch nicht. INGRID GORDON-SAGEMÜHL, Bergisch Gladbach
Höchste Vorsicht ist geboten!
■ betr.: „Gesegnete Revolution“, taz vom 16. 5. 15
Spricht die anhaltende Unterdrückung der Armen dafür, dass die Befreiungstheologie nie tot war? Nein, wenn die Unterdrückung und Ausbeutung der Armen aufgehört hat, wird die Befreiungstheologie überhaupt erst zu vollem Leben erwacht sein! Was aber heute der Fall ist: Die Unterdrückung der Armen nimmt nicht ab, sondern nimmt immer effizientere Formen an. Anstelle der Landreform, die Befreiungstheologen der ersten Stunde wie Hélder Camara forderten, haben wir heute ein rasantes Landgrabbing, bei dem die multilateralen Konzerne ähnlich wie in der Spätphase des Kolonialismus hektische Aktivität entfalten, um möglichst viel Platz an der Sonne für möglichst wenig Kapital zu ergattern: Ob die Landbevölkerung dabei belogen oder direkt beraubt, ob sie vertrieben oder erschossen wird, scheint dabei zweitrangig zu sein.
Wenn nun die Staatsoberhäupter der Welt, die diesem Unrecht mit geschmeidigem Lächeln und gefalteten Händen zusehen, zur Heiligsprechung Oscar Romeros nach Rom eilen und Beifall klatschen, so ist höchste Vorsicht geboten! Am Ende könnte es keine gelungenere Beerdigung des für die reichen Eliten und ihre Repräsentanten gefährlichen Potenzials der Befreiungstheologie geben als die selbstverliebte Freude der altgedienten Kämpfer über die späte Anerkennung ihrer Lebensleistung. Denn so erfreulich die Heiligsprechung des großen Bischofs der Armen auch ist: Wir, die wir, global betrachtet, zu den Reichen gehören, sollten aufpassen, dass wir damit nicht einmal mehr den Propheten Grabmäler bauen und uns selbst in Sicherheit wähnen, nicht am Tod der Propheten schuldig geworden zu sein (siehe Mt 23,30–3). GUDULA FRIELING, Dortmund