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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Muskelkontraktionen“, taz vom 6. 5. 09

Sex sell’s auch nach dem Tod

Sex als „bestimmte Anspannungen des Muskelsystems“ und „als eine rein körperliche Handlung anzusehen“, hat frau bisher oft genug den Männern vorgeworfen. Ich war neugierig, was für Argumente pro es geben könnte, vom Inhalt enttäuscht und vom Geschlecht der Autorin überrascht. Die Träger eines Y-Chromosoms sollten doch nun über die letzten zwanzig, dreißig Jahre lernen, also endlich akzeptieren, dass frau vom Sex mehr erwartet, als kurzfristige Befriedigung durch Friktionen und Kontraktionen. Hätte ein Mann diesen Kommentar „pro“ geschrieben, wie wären Frauen und Frauenversteher über ihn hergefallen wegen seiner Äußerungen und hätten ihn als sexistisch gebrandmarkt. Was man und frau von Herrn von Hagens lernen kann, ist lediglich, wie frau/man durch repetitive Tabubrüche im Gespräch bleibt und Geld macht. Sex sells, sogar noch nach dem Tode.

WOLFRAM ROGER, Bremen

■ betr.: „Trittin: Glaubwürdig ist, wer regieren will“, taz v. 8. 5. 09

Neue ökosoziale Politik

Programmatisch haben die Grünen eindeutig mehr Übereinstimmungen mit der Linken als mit der FDP und der CDU zusammen. Eine neue Politik, die nötig und sinnvoll ist, braucht neue Mehrheiten. Eine der wichtigsten Aufgaben von Politik besteht darin, Mehrheiten zu organisieren. CDU und FDP wollen so weitermachen wie bisher, was in den neoliberalen Abgrund führen dürfte. Die nächste Finanzkrise ist nicht mehr bezahlbar. Darin liegt ein weiterer Grund, sich nicht zu verweigern, sondern eine neue ökosoziale Politik zu versuchen. Wenn es eine Mehrheit links von CDU und FDP gibt, dann muss sie organisiert werden, um wirken zu können. In einer Ampel wären die Grünen nur Mehrheitsbeschaffer für eine Politik, die sie gar nicht vertreten und wollen. Das wäre die unglaubwürdigste Rolle, die man sich vorstellen kann. FRANZ SCHART, Gelsenkirchen

■ betr.: „Geschätzte Kraftkicker“, taz vom 5. 5. 09

Genetisch kraftvoll

Ein Paar Sachen in diesem Artikel lösen bei uns Verwunderung und großes Unbehagen aus. Der Autor schreibt: „Nimmt man die acht Franzosen hinzu, die sämtlich afrikanische Wurzeln haben, lässt sich getrost die These formulieren, dass der Schwarze Kontinent diese Champions-League-Saison dominiert wie nie.“ Von dieser Behauptung überrascht, haben wir eine schnelle Wikipedia-Suche gestartet und Folgendes gefunden: FC Chelsea: Nicolas Anelka (Abstammung: Martinique, Geburtsort: Versailles, Frankreich), Florent Malouda (Geburtsort: Cayenne, Französisch-Guyana); FC Barcelona: Éric Abidal (Abstammung: Martinique, Geburtsort: Lyon, Frankreich), Thierry Henry (Geburtsort: Les Ulis, Frankreich, Vater aus Guadeloupe und Mutter aus Martinique); FC Arsenal: Samir Nasri (Geburtsort: Marseille, Frankreich, algerischer Herkunft), Bacary Sagna (Geburtsort: Sens, Frankreich, Sohn senegalesischer Eltern), Mickaël Silvestre (Abstammung: Guadeloupe, Geburtsort: Chambray-lès-Tours, Frankreich), Vassiriki Abou Diaby (Ivorischer Abstammung, Geburtsort: Paris, Frankreich). Ergebnis: Tatsächlich (wenn man es überhaupt so ausdrücken will, da alle in Frankreich geboren sind) haben afrikanische Wurzeln: Nasri, Sagna und Diaby.

Wir finden, man sollte mit solchen Worten sehr vorsichtig umgehen, da Rechtsextremisten gern behaupten, die französische Nationalmannschaft sei nicht „richtig“ französisch, eben aufgrund der Hautfarbe/Wurzeln/Abstammung vieler Nationalspieler.

Weiterhin schreibt der Autor: „Brasilien war hingegen nur mit zwei Profis vertreten (Alex und Anderson). Dazu möchten wir anmerken, dass auch Daniel Alves (FC Barcelona) Brasilianer ist.

Wir finden es nicht gut, dass der Autor völlig kritiklos die Trainer Steffen Freund und Otto Pfister zitiert, wie sie rassistische Klischees zum Besten geben, zum Beispiel „die kraftvollen Spieler aus Westafrika“ seien „prädestiniert für diese Position“, dies sei aufgrund ihrer „genetischen Konstitution“ zu erklären. Genetische bzw. natürliche Gegebenheiten wurden schon immer gern als Argument benutzt, um Unterschiede zu erklären und zu rechtfertigen. Dies ohne jede wissenschaftliche Grundlage. Eine andere Erklärung könnte sein, europäische weiße Trainer pflegen das Vorurteil, Schwarze seien „robuster“ und fördern deshalb gezielt den Einsatz dieser Spieler auf entsprechenden Positionen. Self-fulfilling prophecy.

SUSANNE REUBER, SOPHIE NEUBERG, Berlin

■ betr.: „Auf der Suche nach den letzten Christen“, taz v. 9./10. 5. 09

Obrigkeitskirchliche Unterdrückung

Tatsächlich ist die katholische Kirche von heute eine großteils plutokratisch organisierte Machterhaltsorganisation. Statt einstmals die Jesuiten sind nun die Mitglieder und Priester von Opus Dei die Speerspitze dieser Organisation. Echte Christen, also solche, die sich in der imitatio Christi üben, gibt es nur noch vereinzelt. Was aber noch viel schlimmer ist, das ist die obrigkeitskirchliche Unterdrückung der urchristlich-gnostisch-essenischen Botschaft. MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln