LESERINNENBRIEFE :
■ betr.: „100 Stunden wühlen in der Kindheit“, sonntaz vom 16. 5. 09
Spuren in der Seele
Der wichtigste Wirkfaktor in der Psychotherapie ist die therapeutische Beziehung, die den notwendigen geschützten und vertrauensvollen Rahmen für die/den PatientIn bildet, um sich mit ihren/seinen seelischen Problemen und deren Ursachen auseinanderzusetzen. Die „Passung“ zwischen PatientIn und PsychotherapeutIn ist dabei entscheidend. Insofern sollte endlich damit aufgehört werden, die verschiedenen Therapieverfahren im Hinblick auf ihre Wirksamkeit gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sollten sich alle Beteiligten damit auseinandersetzen, wie mehr Behandlungskapazitäten angesichts der Zunahme seelischer Erkrankungen geschaffen werden können, wie die Therapieangebote besser vernetzt werden können und vor allem wie mehr im Bereich der Prävention getan werden kann. Immer mehr Menschen werden seelisch krank und sind dadurch in ihrer Lebensgestaltung oftmals schwerwiegend beeinträchtigt. Arbeitslosigkeit, Armut, Stress und Druck am Arbeitsplatz, Individualisierung und Entsolidarisierung sind nur einige Belastungsfaktoren, die Spuren in der Seele hinterlassen. Es geht nicht nur darum, seelisch kranken Menschen angemessen zu helfen, sondern auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Menschen in unserer Gesellschaft entsprechend der umfassenden WHO-Definition gesund leben können. Dann müssten wir uns auch nicht mehr ständig über „Kostenexplosionen“ im Gesundheitswesen unterhalten.
HEIKE PEPER, Dipl. Psych., Hamburg
■ betr.: „Die Abscheu vor der Gier eint alle“, taz vom 22. 5. 09
Kirchentag
Zur Eröffnung des Evangelischen Kirchentages in Bremen hatte die Bundeswehr ihre Bigband als Sympathieträger ins Rennen geschickt. Besser konnte man die enge Verknüpfung von Kirche und Bundeswehr kaum zur Schau stellen. Was hat die Bundeswehr, also eine Organisation, die ihre Mitglieder zum Verstoß gegen das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ ausbildet, bloß bei einem sich als christlich bezeichnenden Kirchentag zu suchen? Jesus lehrte und lebte doch Nächsten- und Feindesliebe und Gewaltfreiheit! Er ist für uns Menschen gestorben. Der Kirchentag ist es zukünftig für mich auch.
JOACHIM FISCHER, Bremen
■ betr.: „Bauernprotest in Frankreich, taz vom 19. 5. 09, „Die Lage ist katastrophal“, taz vom 20. 5. 09
Überproduktion
Die Überproduktion wäre vorbei, wenn die Milchbauern auf importiertes Kraftfutter verzichten würden. Das wäre wirksamer und wirtschaftlicher, als die Milch wegzuschütten. Und es würde auch noch das Image der Bauern verbessern, die energiefressenden weltweiten Warenströme verringern, die Vernichtung von Regenwäldern, gewalttätige Enteignung und Not der Kleinbauern, Ausplünderung der Biomasse vor allem in Südamerika, aber auch die Vergüllung unserer Landschaft zurückschrauben.
ALFRED MAYER, München
■ betr.: „Wo die Armen wohnen. Zum ersten Mal schlüsselt der Wohlfahrtsverband die Armutszahlen nach Regionen auf“, taz vom 19. 5. 09
Im grünen Bereich
Jetzt wissen wir, wo die Armen wohnen. Ist jemand vom Hocker gefallen ob dieser vermeintlichen Neuigkeiten?
Wieder eine Statistik mehr, die von den einen so und den anderen anders interpretiert werden kann und wird. Es ist unerträglich, dass derzeit im Land viel über die Armut geredet, aber nichts konkret dagegen getan wird.
Dass aber selbst die taz-Grafiker und -Redakteure bis zu elf Prozent Armut durchaus als im grünen Bereich ansehen, setzt dem noch eins drauf und ruft in mir das blanke Entsetzen hervor. Es stimmt: taz muss sein. Aber nicht so!
MARTIN D. SIEBIG, Mulfingen