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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Frau Baggerfahrer

■ betr.: „Werte und Worte“, taz vom 15. 1. 13

Ich frage mich, wie Eltern überhaupt in der Lage sein können, Begriffe wie „Neger“ ohne Unwohlsein vorzulesen. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Was sich darunter befindet, wurde mir erst im letzten Jahr bewusst, seitdem ich begann, für meinen Sohn Kinderbücher zu suchen, die Diversität auf angebrachte Weise widerspiegeln. Es ist unglaublich, wie schwierig es ist, Kinderbücher zu finden, in denen Frauen nicht nur Mütter sind, sondern auch Berufe haben. Noch schwieriger ist es, Kinderbücher mit schwarzen Menschen zu finden. Wenn es überhaupt welche gibt, dann ist das „Schwarzsein“ auch gleich Thema des Buchs und zumeist wird darin die „Andersartigkeit“ der schwarzen Familie extrem überbetont und mit vielen Stereotypen genährt. Ich wünschte, ich könnte meinem Kind Bücher präsentieren, in denen sich unter die Baggerfahrer, Tierpfleger, Verkehrspolizisten und Piloten auch Frauen mischen und in denen schwarze Kinder gleichberechtigt zwischen weißen auftreten, ohne dass sie erzählen müssen, woher sie denn kämen, wo sie doch so auffällig anders seien. PAULA J. HERWIG, Leipzig

Beamtengehorsam

■ betr.: „Ein Privileg, das er nie wollte“, taz vom 15. 1. 13

Lehrkräfte zu verbeamten, nutzt den Ländern neben dem Wettbewerb mit den anderen Ländern auch durch gesparte Sozialabgaben und das Streikverbot. Beamte haben etwa den gleichen Gehorsam wie Soldat/inn/en zu praktizieren. Weil die Landesangestellten eigene Tarifverträge haben und die meisten Landesbeschäftigten verbeamtet sind, können sie keine Arbeitskämpfe führen, die den Arbeitgebern weh tun. Das spart zusätzlich bares Geld. Die GEW ist dabei, das Streikverbot europarechtlich auszuhebeln. GUIDO BLEY, Königswinter

Zeit absitzen bis zur Pensionierung

■ betr.: „An Schulen fehlen Hunderte Rektoren“, taz vom 16. 1. 12

Der Beamtenstatus der Lehrer ist zum Beispiel auch für Schuldirektoren „wie eine Fessel“: In jedem Beruf gibt es untaugliche, demotivierte oder auch überforderte Mitarbeiter. Angestellte kann man aber im Gegensatz zu Beamten notfalls entlassen und ermöglicht so eventuell einen sinnvollen Berufswechsel. Betroffene Lehrer – und damit leider auch jede Menge Schüler – sitzen die Zeit bis zur Pensionierung eben ab, wenn’s für ein Attest nicht reicht.

Kein Wunder, dass sich keineR mehr als RektorIn die Elternbeschwerden anhören mag, wenn er/sie praktisch kein Druckmittel gegen diese Kollegen zur Verfügung hat. ULRIKE NEHLS, Reutlingen

Neue Brücke, mehr Verkehr

■ betr.: „Die Brücke der Herzen“, taz vom 11. 1. 13

Thomas Gerlach schreibt über den Bau einer neuen Elbbrücke bei Neuhaus und lässt den Bauunternehmer Hoppe rührselige Dinge sagen wie: „Was die Leute hier mitgemacht haben, und dann streiten wir uns um Geld.“ Wird da niemand stutzig, wenn ein Bauunternehmer für den Bau einer Brücke kämpft? Dagegen werden die Argumente von Andreas Conrad als Sprecher der BI abgewertet, da er ja sowieso nicht in Neu Darchau bleibe und bald wieder wegziehe!

Es wird nicht gesagt, dass das Bioshärenreservat durch den Bau einer Biogasanlage ohnehin schon grenzwertig belastet ist, dass diese Brücke zusätzlichen Verkehr und insbesondere Mautflüchtlinge anziehen wird. Neue Straßen schaffen zusätzlichen Verkehr. Auch über die Folgekosten wird nicht gesprochen: Allein ca. drei Millionen Euro pro Jahr für den Erhalt der Brücke, einschließlich Zinsen und Tilgung. Auch die dann nötige Umgehung für Neuhaus wird verschwiegen. Der Ort ist so eng, dass Lastwagen jetzt schon zum Teil über die Bürgersteige fahren müssen. Und wenn dann die prognostizierten 700 Lkw pro Tag kommen, wird ganz schnell die Forderung nach einer Umgehungsstraße folgen.

Der Landkreis Lüneburg und das Land Niedersachsen haben kein Geld. Stattdessen wird ganz massiv im sozialen und kulturellen Bereich, sowie beim Straßenbau gespart werden müssen. Da kann man doch nicht mit einer solchen Rührstory kommen. Es ist auch nicht in Ordnung, dass die Lüneburger über die Brücke abstimmen dürfen, die Lüchow-Dannenberger, die den Bau zum Teil mitfinanzieren und über deren Land ein Großteil des Bauvorhabens führt, aber nicht. So soll laut letzter Trassenplanung der Ort Katemin von der Trasse durchschnitten werden. (www.faehrbindung.de) GESINE WAHL

Bedauerliche Einzelfälle?

■ betr.: „Kath. Klinik weist Vergewaltigungsopfer ab“, taz, 18. 1. 13

Bedauerlicher Einzelfall?! Ähnlich bedauerlich wie die erneute strukturelle Vertuschung der zahllosen sexualisierten Gewaltverbrechen innerhalb der Kirchen durch die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut NRW?! Ähnlich bedauerlich wie die Einstellung der telefonischen Hotline Ende 2012 für die Opfer der Gewaltverbrechen?! Wie werden kirchliche Krankenhäuser finanziert?! Ausschließlich aus Kirchensteuern?! Nein! Ausschließlich nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches! Verweigern sie – von ihnen moralisch, individuell festgelegte – Behandlungshilfsangebote, darf ihre Finanzierung keinesfalls abgesichert bleiben, da unsere Gesellschaft und damit auch jedes Krankenhaus verpflichtet ist, jedem Opfer eines Gewaltverbrechens jede mögliche Hilfe zukommen zu lassen! KATHY CZAJA, Düsseldorf