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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Kernkompetenz Töten

■ betr.: „Von Stalingrad nach Afghanistan“, taz vom 8. 12. 09

In dem Artikel geht es leider nicht um das Soldatsein an sich, sondern lediglich um dessen ideologische, meinetwegen auch weltanschauliche Etikettierung oder Einordnung in einen Überbau. Kernkompetenz des Soldaten ist: 1. zu töten, 2. nicht getötet zu werden und 3. Befehle auszuführen. Das Kriegshandwerk ist ein schmutziges, ein blutiges und den Menschen zutiefst verstörendes Handwerk, ein Trauma. Einen sauberen Krieg gibt es nicht.

My Lai, Srebrenica, die letzthin gefallene Entscheidung des Obersten Klein gehören dazu – und was immer mehr ins öffentliche Bewusstsein rückt: Die vielen „Heimkehrer“ mit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Blendet man das jetzt aus, wenn man „über den Umbau von einer personal- und materialintensiven Verteidigungskraft“ (töten Verteidiger anders?) „zu einer hoch spezialisierten Interventionsarmee“( auch hier: töten die anders?) spricht?

Deutschland hat es aus meiner Sicht versäumt, hier die richtigen Konsequenzen aus den Erfahrungen des „Dritten Reiches“ zu ziehen. Deutschland hat es versäumt, diesen Traumata in seiner Zukunft aus dem Wege zugehen. Es hat sich dazu entschieden, wieder eine Armee aufzustellen. Es hat also wieder Soldaten auszubilden. Und da kann man ohne ernsthafte militärische Konsequenzen der oben beschriebenen Kernkompetenz des Soldaten einfach nicht ausweichen. Und genau das macht man in zahllosen Überbaudiskussionen – auch in diesem Artikel. ROLF KLEIN, Kaiserslautern

Töten für nichts und wieder nichts

■ betr.: „Darf die Bundeswehr gezielt töten?“, Der verheimlichte Kriegsbeginn, taz vom 14. 12. 09

ich finde christian raths kommentar äußerst bedenklich. er schreibt der skandal wäre nicht, so wörtlich, dass die bundeswehr im afghanischen kriegsgeschehen gezielt kämpfer der gegenseite tötet, sondern dass sie die öffentlichkeit darüber gezielt hinters licht geführt hat. diese äußerung ist skandalös. das gezielte töten taucht im zweiten beitrag im innenteil der taz nicht mehr so auf. denn, es handele sich um einen bewaffneten konflikt, da wären taliban ein zulässiges militärisches ziel. aber auch dabei dürften nicht unverhältnismäßig viele zivilisten zu schaden kommen, schreibt rath weiter. in seinem zweiten beitrag beschreibt er also, dass es eben nicht gezieltes töten war, der vorfall wird jetzt eine „normale“ kriegssituation.

dann geht rath überhaupt nicht mehr auf die umstände ein. es dürften nicht unverhältnismäßig viele zivilisten zu schaden kommen, meint er. waren es nicht sehr viele, viel zu viele? und hier sehe ich den eigentlichen skandal: die bundeswehr befindet sich in einem krieg, in dem sie sich verhält wie alle anderen armeen dieser welt auch: sie bringt menschen um. und wofür? die bundesregierung muss doch die öffentlichkeit hinters licht führen, da es keinen grund für diesen krieg gibt. dieser kriegt löst überhaupt nichts. dieser krieg führt nicht zum frieden. was hat die bundeswehr dort zu suchen in einem krieg, den niemand ernsthaft glaubt gewinnen zu können? ist die wahrheit nicht sehr schlicht, nämlich, dass die bundeswehr in afghanistan für nichts und wieder nichts tötet? zivilisten wie „aufständische“? eine doktrin, die solches töten erlaubt, gehört abgeschafft, genauso wie eine bundeswehr, die eine solche doktrin umsetzt und sich am töten beteiligt. MICHAEL DROSS, München

Merkwürdiges Vokabular

■ betr.: „Wie halten wir’s mit Israel, Genossen?“, taz vom 9. 12. 09

Interessanter Artikel. Nur wenn Karl-Heinz Dellwo sagt, „einen Film zu verhindern heißt ihn zu vernichten, und einen jüdischen Film zu verhindern heißt einen jüdischen Film zu vernichten“, dann fragt man sich schon, warum das Vokabular an der taz ungestraft vorbei darf. Vernichtung, und das zeigt kein Film besser als Lanzmanns Shoah, ist was anderes als einen Film nicht zeigen oder das Zeigen eines Filmes verhindern. Zumindest im Kontext des Antisemitismus hat das Wort eine andere Bedeutung. ASAREEL TOBIAS KRIENER, Berlin