LESERINNENBRIEFE :
Einziger Maßstab ist die Bibel
■ betr.: „Soldaten fürchten um kirchlichen Rückhalt“, taz v. 5. 1. 10
Wenn sich ein Bischof, eine Bischöfin äußert, kann ihr einziger Maßstab nur die Bibel sein, vielleicht noch eine EKD-Denkschrift, aber gewiss nicht die Mehrheitsmeinung des Bundestages. Die deutschen Soldaten in Afghanistan werden doch am meisten jubeln, wenn dieser Kriegseinsatz beendet wird. Damit steht Bischöfin Käßmann auf der Seite der Soldatinnen und Soldaten.
Nur die Herren Politiker müssen sich allein gelassen fühlen in ihrer Kriegspolitik. Doch die freuen sich, dass sie einen Grund finden, auf diese Frau, die in einer Männerdomäne Platz genommen hat, einzuschlagen. Bischöfin Käßmann hat selbst in dem zitierten Satz von „ich“ gesprochen, nicht von der „Kirche“. Wenn schon durch fast alle Parteien hindurch der Kriegseinsatz in Afghanistan nicht in Frage gestellt wird, müssen doch wenigstens Christen sagen, dass Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll. Frau Käßmann predigt als Bischöfin, nicht als Politikerin. Gott sei Dank. HENNY DIRKS-BLATT, Peking
Eine gezielte Polemik
■ betr.: „Soldaten fürchten um kirchlichenRückhalt“, „Rückkehr des Radikalpazifismus?“, taz vom 5. 1. 10
Schon das Wort „Radikalpazifismus“, also „Radikalfriedlichkeit“, ist eine hergesuchte Polemik, wie Bericht und Kommentar von Gessler eine gezielte Polemik ist. Wenn man den gleichen Vorgang, über den hier berichtet wird, in der Berliner Zeitung nachliest, so kristallisiert sich hier eine gewollte Tendenz in Richtung Militärinteressen in der taz deutlich heraus! Auch was „Dampfplauderei“ sein soll in diesem Zusammenhang, hat sich mir nicht erschließen können, außer, dass es irgendwie abfällig klingt. Das genügt Herrn Gessler offensichtlich. Bericht geschrieben, Befehl ausgeführt, könnte man denken!
Ich kann bei Käßmann in dieser Sache auch kein „Zurückrudern“ ausmachen und auch nicht, dass sich Käßmann etwa keine Gedanken um die Soldaten mache und keine Gespräche mit ihnen führe, wie der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes angeblich moniert habe. Ich zitiere aus ihrem Interview in der Berliner Zeitung: „Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden!“ GABRIELE VOTAVA, Borkwalde
Neujahrspredigt wird zerredet
■ betr.: „Rückkehr des Radikalpazifismus?“, taz vom 5. 1. 10
Nein, Herr Gessler, die Vorsitzende des Rates der EKD wird absichtsvoll missverstanden, um den eigentlichen Inhalt ihrer Neujahrspredigt zu zerreden. Von einem sofortigen Abzug war weder hier noch in einem ihrer Interviews die Rede. Sie erschöpft sich eben nicht in einem „eher ahistorischen Radikalpazifismus“, wie Sie unterstellen. Nach acht Jahren ist die „humanitäre Aktion“ in Afghanistan gründlich gescheitert, für Ende Januar ist die Entscheidung geplant, den Krieg mit mehr vom Gleichen fortzusetzen, dies bedeutet mehr Soldaten, härter zuschlagen, völkerrechtlich umstrittene, gezielte Tötung von Verdächtigen (und Unbeteiligten) eingeschlossen. Die Evangelische Kirche in Deutschland beginnt sich (vorsichtig) von diesem Krieg zu distanzieren, das hat bei gläubigen Christen Gewicht und ist zu begrüßen. EIKE BOLLAND, Kassel
Leere Friedenspolemik
■ betr.: „Soldaten fürchten um kirchlichen Rückhalt“, taz v. 5. 1. 10
Die Kirche hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung mal wieder hinterher. Weite Teile der Bevölkerung lehnen diesen „Friedenseinsatz“ schon lange ab, Tendenz steigend. Wenn Käßmann den Bundeswehreinsatz mittlerweile wirklich ablehnen würde, wie wäre es, den ersten Schritt zu machen und den Einsatz der deutschen Militärseelsorger in Afghanistan zu beenden. Aber nein, auf diese staatlich finanzierte Missionsarbeit will man natürlich nicht verzichten.
RAINER HERCHER, Umkirch
Neologismus „Dampfplauderei“
■ betr.: „Rückkehr des Radikalpazifismus“, taz vom 5. 1. 10
Der Beitrag stellt in seiner simplen Polemik gegenüber der Bischöfin Käßmann für mich als (kirchlich nicht gebundene) Leserin eine solche Zumutung dar, dass außer dem Ärger über die Zeitvergeudung bei der Lektüre nichts bleibt. Nicht auf Frau Käßmanns Predigt, sondern auf sein eigenes Elaborat sollte Herr Gessler den Neologismus „Dampfplauderei“ anwenden und es damit dann auch genug sein lassen. URSULA TIMPTE, Düsseldorf