LESERINNENBRIEFE :
Mehr solche Filme
■ betr.: „Wieder nur ein deutscher Film“ von J. Feddersen, taz v. 20. 3. 13
Die Kritik verrät mehr über die zu hohen Messlatten des Kritikers als über das Werk. Der Film ragt handwerklich aus dem deutschen Fernsehfilm-Allerlei heraus. Künstlerisch nicht alles zu riskieren hat Vorteile: sparsame Digital-Effekte, angemessen inszenierte Gewaltdarstellung, Themen anreißen, ohne die Moralkeule zu schwingen – das begeistert womöglich einen auf Extreme geeichten Filmkritiker nicht, mich aber schon. Vor dem Hintergrund einer schwierigen und grausamen Zeit verknüpft die Geschichte viele Facetten zu einem (meist) stimmigen Ganzen und hat doch Platz für überraschende Wendungen. Der Weg der fünf vom naiven Anfang 1941 über viele grausame Stationen bis zum bedrückenden Ende ist beeindruckend verfilmt. Endlich wird über diese unglaubliche Zeit mit viel Aufwand und den Mitteln unserer Zeit und aus unserer Perspektive eine fesselnde Geschichte erzählt – keine Doku, kein Kammerspiel, kein Hollywood-Spektakel. Ich würde mir mehr solcher Filme wünschen! Und weniger „Alles-ist-schlecht“-Kritiken.
RALF THEN, Schwarzenbruck
Es bleibt ein hervorragender Film
■ betr.: „So wären die Deutschen gern …“ von U. Herbert, taz vom 22. 3. 13
Aus professoraler Warte wird es immer an vielem grundlegend fehlen, wenn von anderen das eigene Thema beackert wird. Umso mehr, wenn es ein Film ist. Der soll aber in dreimal 90 Minuten auch jeden Hintergrund und jede generelle Strömung einer fünfjährigen Geschichte, noch dazu einer solch einmaligen, widerspiegeln. Nein, nicht einverstanden. Sieht man von dem Titel ab, der dümmlicherweise ebenfalls den Generalanspruch suggeriert, pars pro toto alle Elterngenerationen des Kriegs zu erklären, dann bleibt ein hervorragender Film. Aufgrund weniger, aber drastisch und eindringlich gezeichneter Einzelschicksale fügt er einen weiteren Mosaikstein zum Verständnis unzähliger Schicksale dieser grauenvollen Zeit hinzu. Dass es darüber hinaus viele andere gab, dass eine ganze Nation radikal nazionalistisch begeistert war – übrigens nicht als einzige in Europa und bewundert von Unzähligen in Amerika –, darum dürfen und sollten sich gerne andere Filme kümmern. GEROLF HEBERLING, Karlsruhe
„Die Wahrheit ist jedem zuzumuten“
■ betr.: „So wären die Deutschen gern gewesen“, taz v. 22. 3. 13
Zweimal habe ich versucht, diese Filme anzuschauen, zweimal habe ich ausgemacht. So unecht, nicht nur die Gesichter, sondern auch die Dialoge. Völlig falsch die Gefühlsaubrüche der Frauen: „tapfere, kleine Soldatenfrau „, „nimm dich zusammen“, „mach kein Theater!“. Ich hör es noch immer. Es hat mich geprägt. (Jg. Dez. 36) Dann auch: „die Jungs an der Front und die Drückeberger in der Heimat“, „Du bist nichts, dein Volk ist alles“ (jeden Tag und immer wieder). Verzicht, opfern, sich aufopfern. Ein Leben war nichts wert. Zum deutschen Soldaten: „Er wollte nicht mehr zurückkommen.“ „Die Besten sind alle gefallen,“ Selbstverständlich die Verteidigung des „deutschen Soldaten“. „So etwas tut der deutsche Soldat nicht.“ Bis zur Wehrmachtsausstellung habe ich das auch geglaubt. Die Filme griffen zu kurz, sie waren verlogen und ja, so wären die (einige) Deutsche(n) gerne gewesen. Dokumentationen sind mir viel lieber, zumal es genügend historisch gutes Filmmaterial gibt. Und Erinnerungen. „Die Wahrheit ist jedem zuzumuten“.
BIRKE GRIESSHAMMER, Nürnberg
Serie betreibt Geschichtsklitterung
■ betr.: „So wären die Deutschen gern gewesen“, taz vom 22. 3. 13
Diese TV-Serie („Unsere Mütter, unsere Väter“, ZDF-Dreiteiler am 17., 18. und 20. 3. 13) betreibt Geschichtsklitterung, wie sie ständig in der Bundesrepublik praktiziert wurde. Das hat Ulrich Herbert gut herausgearbeitet.
Dass unsere Mütter und unsere Väter die eigentlichen Täter waren, das habe ich in meiner Examensarbeit an der Universität Bremen 1981 über den SS-Verein „Lebensborn“ aufgezeigt und damit meinen Eltern einen Spiegel vorgehalten. Erst 40 Jahre nach Kriegsende wurde mit der Schönfärberei über die Nazi-Zeit aufgeräumt, das sollte nicht vergessen werden.
Die Mitläufer und Weggucker in Deutschland waren Mittäter, Fast zehn Prozent der Deutschen waren NSDAP-Mitglieder und ideologisch bis zu ihrem Tode Feinde von Juden, „Zigeunern“ und Nicht-Ariern, und natürlich auch von Homosexuellen, die nichts zur Fortpflanzung der „Herrenrasse“ beitrugen.
Erst die Jugendrevolte von 1968 hat den Schleier von dieser Geschichte gerissen …
JOHANNES SPARK, Bremen