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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Autoritär und ohne Rücksicht

■ betr.: „Die Lady, die ihr Land veränderte“, taz vom 9. 4. 13

Ralf Sotschecks korrekter Kommentar („Englands bester Mann ist tot“) in allen Ehren – aber was liefert Dominic Johnson für einen merkwürdig blutleeren Artikel zum Abgang einer der Schlüsselfiguren der neoliberalen Wende in Europa? Während im Londoner Süden, in Brixton und in Glasgow Maggies Tod auf Straßenpartys gefeiert wird, würdigt Johnson Thatcher in ausgewogener Manier als „Lady, die ihr Land veränderte“, und führt aus, wie sie „die britische Arbeiterklasse in eine Schicht von Hausbesitzern und Aktionären“ umkrempelte. Da wundert man sich, dass die britischen ArbeiterInnen nicht dankbarer sind.

Tatsächlich wirkten Thatchers Programm zur „Förderung von Vielfalt und Wahlmöglichkeiten“ und ihre neu definierte Freiheit als Umverteilungsprogramm von unten nach oben. Wer Großbritannien Anfang der 80er Jahre erlebt hat, erlebte ein zerrissenes, ein brennendes Land: Arbeitskämpfe, Verarmung, Deindustrialisierung, Polizeiwillkür, zerschlagener Sozialstaat, an jeder zweiten Mauer „Kill Maggie!“ oder „ditch the bitch“: Klassenkampf eben, von oben angesagt.

Thatchers buddies? Pinochet, Ronald Reagan, südafrikanische Rassisten. Die neoliberale „Modernisierung“ Großbritanniens samt der allseits bekannten Pleiten wurde von Thatcher auf autoritäre Weise und ohne Rücksicht auf Verluste im Sinne des Wortes durchgeprügelt; New Labour unter Tony Blair, Deutschland unter Schröder, die Agenda 2010 – das sind die unmittelbaren Folgen des Thatcherismus. USCHI BENDER-WITTMANN, Minden

Ein seltsames Verfahren

■ betr.: „Endlager. Neue Kommission für alte Fragen“,taz vom 9. 4. 13

Es ist ein seltsames Verfahren: Für die Suche nach einem Endlager für Atommüll soll möglichst sofort ein Gesetz erlassen werden, aber die Grundlagen, nach denen die Suche stattfinden soll, sollen in den nächsten Jahren erst von einer Kommission erarbeitet werden. Und inwieweit die Kriterien für eine Suche, die die Kommission dann erarbeitet haben wird, in das Gesetz einfließen werden, ist auch ungeklärt, denn letztlich ist der Deutsche Bundestag für die Einbeziehung oder Ablehnung zuständig.

Paradox ist die Eile, mit der das Gesetz verabschiedet werden soll, auch deshalb, weil nach dem derzeitigen Vorschlag des Bundesumweltministers mit dem eigentlichen Suchverfahren erst nach Abschluss der Arbeit der Kommission begonnen werden soll. Aber dann ist Herr Altmaier vielleicht nicht mehr Umweltminister.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Unkritische Haltung nervt

■ betr.: „Dämmen lohnt sich“, taz vom 5. 4. 13

Die unkritische Haltung der taz gegenüber der sogenannten energetischen Gebäudesanierung nervt.

Mag sein, dass die Welt falsch gerechnet hat – aber die Rechnungen der Wärmedämm-Apostel sind auch nicht besser: Sie unterschlagen Energieverbrauch, Kosten und Umweltbelastungen, die mit Herstellung und Entsorgung des Dämmmaterials verbunden sind, und verschweigen die Gefahr von Gebäudeschäden und Schimmelbildung im Inneren. Ganz zu schweigen von der Optik styroporverpackter Städte und Dörfer – „Baukultur“ ist für die Klimaschützer offenbar ein Fremdwort.

Besonders ärgerlich ist der ganze (deutsche) Dämmwahn, weil er von der dringend notwendigen Diskussion über ein Ressourcen schonenderes Wirtschaften ablenkt (Stichwort: 14 Liter schluckende Monsterautos): Warum sich mit den „Grenzen des Wachstums“ auseinandersetzen – wir haben ja die Wärmedämmung.

MARIE-LUISE BUCHINGER, Berlin