LESERINNENBRIEFE :
Was für ein Traum!
■ betr.: „Mündige und Marionetten“, taz vom 21. 6. 13
Was für ein Traum! Fußball nicht länger mehr als Verdrängung gesellschaftlicher Probleme, sondern als Initialzündung zur Lösung derselben. Zumindest macht Brasilien einen Anfang.
Demgegenüber weist Andreas Rüttenauer zu Recht darauf hin, dass sozialkritische Äußerungen deutscher Fußballprofis nicht zu hören sind, und umschreibt dies in dem schönen Satz: „Die geistige Reduzierung auf ein grünes Rasenrechteck ist längst zur Norm geworden in Fußballdeutschland.“ Dies trifft allerdings nicht nur auf die Spieler, sondern auch auf den Großteil der Fans zu. Die wenigen Fans, die sich engagieren, resignieren. Ich darf hier nur an die Bewegung „Alle Spiele 15:30“ erinnern.
Möge Brasilien mit seinem Protest Erfolg haben. Dies würde Kreise ziehen, vielleicht sogar bis nach Deutschland. ARTUR BORST, Tübingen
Es braucht klare Forderungen
■ betr.: „Mündige und Marionetten“, taz vom 21. 6. 13
Sehr gut, dass die Leute auf die Straße gehen. Sehr gut, dass das Volk merkt, dass man Politikern Grenzen setzen muss. Ich bin froh, dass es wie im April in Porto Alegre auch anderen Städten gelungen ist, dass die Fahrpreise nicht erhöht werden. Es ist ein gutes Signal!
Aber was jetzt? Wohin? Die Ausgaben für die WM wurden schon getätigt, die Fahrpreise schon gesenkt. Man kann nicht für mehr Gesundheit, mehr Sicherheit, bessere Bildung, gegen Korruption, gegen Hunger, für bessere billigere Infrastruktur, gegen Homophobie und Rassismus, gegen Unterdrückung von Armen und Indigenen, gegen hohe Löhne bei Politikern, gegen hohe Steuern, gegen überhöhte Ausgaben für die Fifa, gegen Inflation, für differenziertere Medienlandschaft und, und, und demonstrieren und schnelle Taten fordern und jeder Einzelne will etwas anderes.
Es braucht klare Forderungen (so wie die Absenkung der Fahrpreise), sonst läuft das Ganze Gefahr, in ein sinnloses und zielloses Chaos zu laufen. Medien und ehemalige Anhänger der Militärdiktatur haben große Macht in Brasilien und viel Erfahrung darin, das Volk zu manipulieren. Ein Machtvakuum kommt ihnen nur gelegen.
Also ja, demonstrieren, aber demonstrieren mit der Forderung des Rücktritts von Menschen wie Marcos Feliciano, der Menschenrechtsbeauftragter der Regierung ist und derweil ein Gesetz zur „Heilung der Schwulen“ entwirft. SIMON HRUBESCH, Erlangen
Wer hat schon was gegen Pfeffer?
■ betr.: „Das Notlazarett im Divan-Hotel“, taz vom 17. 6. 13
Reizgas – wie niedlich. Reizt wahrscheinlich ein bisschen. Pfefferspray, wer hat schon was gegen Pfeffer? Essen wir doch auch. Kann doch nicht gefährlich sein, oder?
Warum benennen alle Medien diese höchst gefährlichen Mittel nicht als das, was sie sind, nämlich Giftgas? Gift muss nicht gleich tödlich sein und es muss auch nicht gleich Sarin sein – aber auch weniger gefährliche Gifte können zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Wenn dieses Gas als „Dummerjungenstreich“ in einer Schule verwendet wird (Martin-Luther-King-Schule, Ratingen, 14. Juni 13), kommen Heerscharen von Feuerwehren, ÄrztInnen und anderen RetterInnen, um die Jugendlichen zu evakuieren oder gleich in die Krankenhäuser zu bringen.
Pfefferspray darf nicht im Krieg angewendet werden (Genfer Protokoll), wohl aber gegen Demonstranten. Welche Perversion. Allein in Kalifornien wurden seit 1993 27 Tote dokumentiert (Wikipedia). Wie viele mögen es weltweit sein? In Deutschland und in der Türkei wird es zurzeit massiv angewendet.
Höchste Zeit, über ein Verbot und die Ächtung von Giftgas à la „Pfefferspray“ und „Reiz“-Gas zu diskutieren. PETER GUTZEIT, Hamburg
Nur für Bildungsbürger
■ betr.: „Der Barsch von nebenan“, taz vom 20. 6. 13
Nachhaltige Gemüse- und Fischproduktion im Container? Dazu ein paar Fragen, die der Artikel nicht beantwortet: Woher kommt die Energie für Pumpen und Licht, oder schwimmen die Fische im Dunkeln? Was fressen die Tiere überhaupt und wo kommt das her? Was ist mit dem Winter? Wachsen Gemüse und Kräuter dann unter UV-Lampen und mit kuscheliger Heizung (womöglich Pellets – die sind ja auch so schön nachhaltig?), oder wird der Laden dann stillgelegt bis nächsten April?
Nachhaltig heißt, etwas so zu benutzen, dass die nachfolgenden Generationen den gleichen oder mehr Nutzen daraus ziehen können, wie wir selbst für uns beanspruchen. Das sehe ich bei Containerfisch- und -gemüseproduktion für eine eher bildungsbürgerliche Klientel nicht gegeben.
Viele Menschen müssen in Städten mit gesunden Lebensmitteln versorgt werden, die nicht Land und Wasser vergiften – nicht nur wenige, die statt Brot auch Kuchen – Biokuchen versteht sich – essen könnten. BHAVANA KAISER, Weilmünster
Scheinbare Demokratie
■ betr.: „Der Frust geht uns alle an“, taz vom 19. 6. 13
Nicht die Nichtwähler verabschieden sich von der Demokratie, sondern die von Banken und Wirtschaft bestimmte Politik hat sich von der Demokratie verabschiedet. Wahlen sind nur noch ein Alibibegriff für scheinbare Demokratie. INGE NAUJOKS, Krefeld