LESERINNENBRIEFE :
Wo bleibt der Aufschrei?
■ betr.: „Braunkohle für Griechenland“, taz vom 22. 7. 13
Die BRD unterstützt den Bau eines Braunkohlekraftwerks in Griechenland, Großbritannien will Vorreiter in Gasförderung durch Fracking werden, ab Ende des Jahres Atomstrom stärker fördern als Windstrom, und die EU will Beihilfen für Atomkraft erleichtern, indem sie diese zum Umweltschutz erklärt. Zudem kalkuliert die EU mit zu niedrigen Atomstrompreisen und für die Solarenergie mit zu hohen. Wo bleibt eigentlich der Aufschrei von Rot-Grün? Wie lässt sich die Macht der Energiekonzerne brechen zugunsten einer europäischen dezentralen erneuerbaren Energieversorgung? Diese Frage ist heute entscheidender denn je. ARTUR BORST, Tübingen
Warten auf nächsten Dienstag
■ betr.: „Im Rausch der Maschine“, taz vom 23. 7. 13
Als ich heute in der Mittagspause die letzte Seite und die wunderbare Satire „Im Rausch der Maschine“ las, musste ich dermaßen lachen und kichern, dass die Leute in der kleinen Pizzeria, in der ich meinen Mittagstisch einzunehmen pflege, dachten, ich sei jetzt endgültig und unwiederbringlich verrückt geworden. Jetzt kann ich nur hoffen, dass das mit der Fortsetzung ernst gemeint war, denn ich warte sehnsüchtig auf nächsten Dienstag.
Mal ernsthaft: Ich war mal in Helsinki und hatte nicht den Eindruck dass die Leute dort ständig die Eiderenten-Schreckmaschine benutzen würden, aber was soll’s: lieber einmal über blühenden Unsinn gelacht als einmal zu viel geweint.
ANDREAS POTESCHIL, München
Ähnlich wie 1968
■ betr.: „Das ist nicht wie 68“, taz vom 23. 7. 13
Rudolf Walther wiederholt seine These „das ist nicht wie 68“ zwar mehrfach sprachlich geschickt, liefert jedoch keine Begründungen. Natürlich können vulgär-anthropologische oder küchenpsychologische „Weisheiten“ Aufstände kaum erklären. Aber soziologische Bedingungen, die erläutert werden müssten. In der Türkei beispielsweise sehen wir einen typischen Milieu- und Generationenkonflikt zwischen traditionellen materialistischen, religiösen, autoritativen Werten und neueren postmaterialistischen, antiautoritären Selbstbestimmungswerten. Wie die internationale Wertewandelforschung nahelegt, wird ein libertärer Wertewandel von wirtschaftlicher Modernisierung und neuen (vor allem Dienstleistungs-)Arbeitswelten getragen, die Menschen neue Denk- und Handlungsspielräume verschaffen. Neben aller historisch einmaligen Bedingtheit der 1968er Bewegung (Faschismusaufarbeitung, Vietnam usw.) liegen hier genau die Parallelen. Im Zweifelsfall daher: Das ist auch ähnlich wie 1968! ANDREAS PETRIK, Hamburg
Typische Aufstocker
■ betr.: „Wegen hoher Mieten unter Hartz-IV-Niveau“, taz v. 23. 7. 13
Bertelsmann hat (mal wieder) festgestellt, dass Durchschnittsverdienenden nach Abzug der Wohnkosten weniger verbleiben kann als der Hartz-IV-Regelsatz. Hier handelt es sich um typische Aufstockungsberechtigte. Sie werden von den Hartz-IV-Behörden oftmals abgewimmelt. Ihnen wird nicht gesagt, dass ihnen vom Erwerbseinkommen ein Freibetrag iHv bis zu 330 Euro (oder mehr bei Fahrt-/Werbungskosten höher als 100 Euro monatlich) verbleibt. Oftmals haben sie es auch schon beim Wohngeldamt versucht. In Hochmietregionen kann aber die zu berücksichtigende Miete niedriger sein als bei Hartz IV. Ein deshalb abgelehnter Wohngeldantrag muss korrekterweise bereits als Hartz-IV-Aufstockungsantrag gewertet werden. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass alle, die Erwerbseinkommen erzielen, am Ende über deutlich mehr Geld in der Tasche verfügen als nur den Hartz-IV-Regelsatz. Richtig nennt die taz den wahren Hintergrund: „Prekäre Einkommen“. NORBERT HERMANN, Bochum