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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Öffentlich-rechtliche Erlebniswelten

■ betr.: „Wozu Rundfunkgebühren?“, taz vom 21. 7. 10

Es ist wohltuend, eine in diesen Zeiten selten gewordene, hoch differenzierte Betrachtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Aufgaben in der digitalen Welt zu lesen. Es scheint bei vielen Redakteuren der Printmedien Mode geworden zu sein, auf dieses Medium verbal einzuprügeln. Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr das „Lagerfeuer“ ist, das er in den frühen Jahren seines Bestehens bis in die 80er Jahre hinein war, ist sehr bedauerlich, da der Zusammenhalt einer Gesellschaft durch gemeinsame Erfahrungs- und Erlebniswelten, wie sie die großen Samstagabendshows aus den 60er und 70er Jahren oder „Straßenfeger“ wie „Das Halstuch“ von Francis Durbridge darstellten, verstärkt werden kann.

Dennoch gibt es auch im digitalen Zeitalter eine Menge gemeinschaftsstiftender Angebote, die dem Anspruch an ein Qualitätsmedium genügen, die nicht nur kleine intellektuelle Nischen bedienen, sondern Anregung und Unterhaltung, Gesprächs- und Denkstoff, im besten Sinne Heimat bieten. Dass eine Rundfunkgebühr von 17,98 Euro pro Monat es uns allen wert sein sollte, das haben Sie mit Ihrer klugen Analyse belegt. BRIGITTE MAIER-LESCH, München

Vergiftetes Soja

■ betr.: „Das Gift in der Lunge“, taz vom 20. 5. 10

Erfreulich, dass über den Sojaanbau und das Pflanzengift Glyphosat überhaupt geschrieben wird. Angesichts der Aktualität des Themas auch für Deutschland wäre allerdings eine Recherche wichtiger gewesen als eine doch etwas oberflächlich gebliebene Reportage.

Es geht bei Weitem nicht mehr nur um die in der Reportage geschilderten Vergiftungserscheinungen, sondern unter anderem auch um besorgniserregende Nachweise von Embryodeformationen bei Amphibien (Dr. Andres Carrasco), Probleme der frühzeitigen Pubertät und von Sterilität (Dr. Jorge Kaszewer, beide von der Universität Buenos Aires, und Dr. Alejandro Oliva, Hospital Italiano der Stadt Rosario). Die argentinischen Untersuchungen sollten unbedingt in der Diskussion über Risiken beim Einsatz von Glyophosaten berücksichtigt werden, da sie auf Erfahrungen mit fast 20 Millionen Hektar Anbaufläche Soja beruhen. Dadurch haben sie eine ganz andere Aussagekraft als die Ergebnisse von Untersuchungen auf kleinen Versuchsfeldern bei uns. DIERK VON DRIGALSKI, Marburg

Doch nicht nur miese kleine Lügner

■ betr.: „Soldaten wegen Gazakrieg vor Gericht“, taz vom 22. 7. 10

Kann man denn seinen Augen trauen? Das israelische Militär geruht nunmehr und eineinhalb Jahre nach dem Massaker in Gaza „polizeiliche“ (?) Untersuchungen anzustellen, ob da nicht vielleicht doch etwas nicht so ganz in Ordnung war und vielleicht sogar die Leute von Breaking the Silence nicht nur miese kleine Lügner und dreckige Nestbeschmutzer sind und vielleicht sogar der Goldstone-Bericht doch … Man wagt ja überhaupt nicht weiterzuhoffen!

Bitter und furchtbar sind aber diese Sätze: „Die Armee kündigte zudem ‚operative Veränderungen zur Verringerung ziviler Opfer‘ beim Einsatz von Phosphormunition an. Jeder Kampfeinheit soll in Zukunft ein Offizier für humanitäre Angelegenheiten angehören.“ Da steht es: Aus sicherer Entfernung Menschen unkontrolliert das Fleisch am Körper bis auf die Knochen mit Phosphor herunterzubrennen, bleibt für Israel weiterhin militärische Praxis. Was sollen Offiziere für „humanitäre Angelegenheiten“ da noch tun in dieser israelischen Armee, die sich selbst mit unsäglichem Hochmut und nicht überbietbarem Zynismus als die „moralischste Armee der Welt“ bekränzt? Hierzulande gefallen sich viele immer wieder von neuem mit der in jede beliebige Sackgasse führenden „Frage“, ob überhaupt und dann wie viel „Kritik an Israel“ erlaubt sei. Verbrechen sind als solche zu benennen und die Verbrecher sind anzuklagen; die Verantwortlichen aus Israels Politik und Militär gehören vor den Internationalen Strafgerichtshof. HEINZ-PETER SEIDEL, Berlin

Warum immer nur Kuba?

■ betr.: „Máximo Dealer“, taz vom 22. 7. 10

Ja, das Fehlen von Menschenrechten muss angeprangert werden! Überall. So wie Amnesty International in Deutschland. Und die Ausübung von Todesstrafe! Aber warum immer wieder Kuba? Wenn es um Kuba geht, kämpft sogar die katholische Kirche für Menschenrechte!

Wo sind die Hinweise auf fehlende Menschenrechte in Singapur, in Malaysia, in Saudi-Arabien … Ja, die verschließen sich ja nicht der globalisierten Finanzwirtschaft. Das ist offenbar das zentrale Verbrechen! Dass Kuba sich sozialistisch nennt, daran kann es ja nicht liegen, das tun China und Vietnam auch.

„Die Kategorie ‚politischer Gefangener‘ kommt im Wortschatz der kubanischen Regierung nicht vor.“ Ach ja? Nennt mir eine Regierung auf der Welt, die von „politischen Gefangenen“ in ihrem Land spricht! WOLFRAM GIESE, Neu Wulmstorf