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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Drogenkrieg gescheitert

■ betr.: „Suchtkranke sind ja nicht alle gleich“ taz vom 25. 1. 14

Vielen Dank für die ausführliche Darstellung der Behandlungsmöglichkeit Ersatz- und Originalstoffvergabe der Heroin-Krankheit. Diese vielfach wissenschaftlich nachgewiesen effektivste Therapie hat für die behandelnden ÄrztInnen jedoch erhebliche Risiken. Sie unterliegen in der Behandlung dem strafrechtlich relevanten Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV). Hier werden detailliert Vorschriften für die Durchführung der Behandlung gemacht. Bei Zuwiderhandlung droht Anklage und Verurteilung. So kann zum Beispiel die Verschreibung der Substanz für mehrere Tage bei dringenden Reisen oder Terminen zur ärztlichen Straftat werden. Immer weniger junge ÄrztInnen auch in Berlin sind deshalb bereit, die PatientInnen zu behandeln, immer mehr gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen reduzieren so die wirksamste Behandlungsoption für die mehrheitlich schwerkranken PatientInnen.

Der Krieg gegen die Drogen ist weltweit und auch in Deutschland gescheitert. In Afghanistan wird so viel Opium wie noch nie angebaut, der weltweite Schwarzmarkt wird von unkontrollierbaren Kartellen organisiert, Abhängige werden in Kriminalität und Elend getrieben. Warum nicht sauberes Heroin mit sterilen Spritzen und Hilfshinweisen in Apotheken, versteuert und zu Preisen unter dem des Schwarzmarktes abgeben? Einen mindestens ähnlich gefährlichen Stoff gibt es in jedem Drogeriemarkt und jedem Späti: Alkohol. Für ein solches (Gedanken-)Experiment ist es in Deutschland, wo ein Coffeeshop fast noch unmöglich ist, aber wohl noch zu früh. Es braucht noch viele Tote, die der Prohibition zum Opfer fallen. MICHAEL JANSSEN,

Allgemeinarzt/Substitution, Berlin

Es geht nur ums Geld

■ betr.: „Obdachlose im Winter. Betten sind Mangelware“, taz.de vom 29. 1. 14

Das kapitalistische System schädigt die Menschen, kann ihnen danach jedoch offensichtlich nicht helfen, wie es nötig wäre. Die Sinne der Politik stehen nur noch auf Geld. Man vergleicht Deutschland stets mit den Ländern, in denen es den Menschen noch dreckiger geht. Aber diese Länder sind ja auch weniger reich. Von der „Wallstreet-Hure“ USA mal abgesehen. FROST, taz.de

Armer Staat

■ betr.: „Obdachlose im Winter. Betten sind Mangelware“, taz.de vom 29. 1. 14

Obdachlose in einem der reichsten Länder der Erde. Kein Problem für das Ansehen Deutschlands. Aber der arme Staat ist ja so pleite; hat nur noch Geld für Rettungsschirme. ANTON WAGNER, taz.de

Signal setzen

■ betr.: „Obdachlose im Winter. Betten sind Mangelware“, taz.de vom 29. 1. 14

Für die Notübernachtung würde ich die Obdachlosen im Bundestag einquartieren, der steht zum großen Teil leer und wird immer geheizt. Damit würde ein wichtiges Signal gesetzt, dass die Politik sich auch um Bürger am unteren Ende der Gesellschaft sorgt. BLECHSTEIN, taz.de

Gegen Monsterprojekte

■ betr.: „Bürger, zur Urne, zur Freiheit“, taz vom 29. 1. 14

Auch wenn beim Thema Tempelhof die Meinungen durchaus kontrovers sind, hat der Erfolg dieses Volksentscheids übergeordnete Bedeutung, weshalb es ganz wichtig ist, dass auch die Berliner, die nicht direkt am Tempelhofer Feld wohnen, an dem Volksentscheid teilnehmen. Es ist deshalb so wichtig, weil endlich eine breite Diskussion – auch mit den Bürgern – darüber entstehen muss, wie diese Stadt bebaut und weiterentwickelt werden kann. Es ist wichtig, weil öffentlich nicht nur darüber debattiert werden soll, ob und wie viel auf dem Tempelhofer Feld gebaut werden soll, sondern auch, ob die Stadt solche Monsterprojekte braucht, wie den von Frank Gehry anvisierten Wohnturm für Wohlhabende am Alexanderplatz. Eines der besonderen Alleinstellungsmerkmale der Millionenstadt Berlin ist ihre Offenheit, die damit verbundene berühmte Berliner Luft und das viele Grün. Es gibt schon genug Bausünden, die das offene Bild mit ihren überhohen Geschosszahlen stören. Es kann auch wirtschaftlich nicht auf Dauer profitabel sein, wenn die Stadt die anderen Großstädte nachahmt, die jetzt schon durch ihre Wolkenkratzer kaum voneinander zu unterscheiden sind. Die Bürger, die letztendlich in und mit dieser Stadt leben, haben mit Sicherheit viele gute Ideen, wie die Zukunft aussehen soll und wie die schon vorhandenen Resourcen mitgenutzt werden können. ULLA PUTZE-BREIDENSTEIN, Berlin

Entmenschlichung

■ betr.: „Zu Hause an der Autobahn“, taz.de vom 29. 1. 14

„Auf Druck des Bezirks wurde eine Freifläche zwischen beiden Gebäuden geschaffen, damit die Flüchtlinge dort und nicht in den angrenzenden Wohngebieten ihre Freizeit verbringen können“, schreiben Sie. Die Flüchtlinge sind in der Unterkunft zum Glück nicht eingesperrt und verbringen ihre „Freizeit“ nicht auf einem „Frei(gang)- gelände“ neben der Autobahn, sondern in Parks, in Bibliotheken, beim Arzt, mit Verwandten, in Kinder- und Jugendclubs, beim Einkaufen, beim Elternabend, in der Kneipe, bei Freunden, auf dem Spielplatz, beim Sport, in der Therapie, beim Anwalt. Und selbstverständlich und mit Recht gehen Sie in jedes Wohngebiet, das ihnen passt! Nichts anderes kommt in Frage. Bitte keine Kriminalisierung, Marginalisierung, Entmenschlichung von Flüchtlingen! RAFFAELA, taz.de