LESERINNENBRIEFE : Moskau oder Washington?
ZANK Über die Ereignisse in der Ukraine gehen die Meinungen weit auseinander: Die einen verurteilen Wladimir Putin als Kriegstreiber, die anderen geißeln die EU und die USA wegen imperialistischer Gelüste. Leser diskutieren: Wo steht die taz in diesem Streit?
Kriegsgeheul
■ betr.: „Entspanntes Bedrohungsszenario“, taz vom 5. 3. 14
Die Berichterstattung der taz zeichnet sich seit Wochen durch Einseitigkeit aus. Der Maidan war keineswegs urdemokratisch, sondern ein Putsch unter Führung von Ultrarechten und Antisemiten. In der neuen Regierung sind die Russen, die in einigen Landesteilen die Mehrheit bilden, überhaupt nicht vertreten. Stattdessen Rechtsradikale und die alte Nomenklatura. Die erste Ankündigung: Russisch als 2. Amtssprache abzuschaffen. Was meinen Sie, wenn die Russen den Amerikanern derart auf die Pelle rücken würden? Der dritte Weltkrieg stünde vor der Tür. In seinem Kommentar erweist Herr Donath sich als ausgemachter Scharfmacher. „Nachsichtige Pädagogik“ (für Herrn Putin)? „Dafür haben schwer Erziehbare gewöhnlich kein Ohr.“ Was für eine Wortwahl! Und weiter: dass „die emphatischen Hermeneutiker der Diplomatie sicherlich zu der Forderung bewegt werden, beim Verhängen von Maßnahmen gegen den Kreml … doch Maß walten zu lassen.“ Was für ein Kriegsgeheul! VEIT LENNARTZ, Mannheim
Plurale taz
■ betr.: „Widersprüchliche Signale aus Brüssel“, taz vom 5. 3. 14
Die taz zeigt mal wieder ihre Pluralität: Während Klaus-Helge Donath enttäuscht zu sein scheint, dass Putin den Konflikt nicht eskaliert und nicht Anlass bietet für Sanktionen oder gar militärische Einsätze der Nato, weist Eric Bonse zutreffend darauf hin, dass es „besser wäre, erst einmal reinen Tisch zu machen in Brüssel und bei unseren neuen Freunden in Kiew“, zu denen auch „die braune Swoboda-Partei“ gehört. Als „leidgeprüfter taz-Alt-Genosse“ hätte ich mir auch in den letzten Tagen schon mehr Bonse und weniger Donath gewünscht.
HORST SCHIERMEYER, Zittau
Kriegsrhetorik
■ betr.: „Widersprüchliche Signale aus Brüssel“, taz vom 5. 3. 14
Eric Bonses Kommentar zur Krimkrise war bislang die einzig wohltuend differenzierte Stellungnahme zum Thema seitens der taz. Oertels und Donaths Kommentare waren in hohem Maße geschichtsvergessen und konfliktverschärfend. Kalter-Kriegs-Rhetorik in der linken taz! Da habe ich ja im Handelsblatt klügere Töne gelesen! Dass Russland hochgradig nervös reagiert, wenn EU und Nato ihren Machtbereich bis an die Grenze Russlands auszudehnen versuchen, ist doch klar. Es geht hier um viel mehr als um einen durchgedrehten Putin, den man in die Schranken weisen muss. Selbst Gorbatschow ist über die Entwicklung zu Lasten Russlands nicht amüsiert. Amerikanische Militärs haben 1961 übrigens erwogen, über Kuba Atombomben abzuwerfen. Die taz redet der Blockkonfrontation das Wort! REINHARD ECKERT, Berlin
Kein Zufall
■ betr.: „Putin will seine Datsche auf der Krim“, taz vom 3. 3. 14
Nicht nur Prag und Kabul fallen einem bei den militärischen Aktionen der Russen ein. Wie war das denn mit dem Einmarsch der US-Truppen in Afghanistan 2001 oder in den Irak 2003 oder die Schweinebuchtinvasion in Kuba 1961? Sowohl Russland als auch die EU versuchten, die Ukraine mittels Krediten auf ihre Seite zu ziehen. Dass eine Seite verliert und die heutigen Entwicklungen stattfinden, war vorhersehbar. Aber nichts passiert zufällig, wer verdient an diesem Konflikt? Es gibt immer Alternativen und diese hätte Thomas Gerlach journalistisch herausarbeiten müssen, damit der geneigte Leser dem demnächst folgenden Spruch der „alternativlosen Sachzwänge“ seitens der deutschen Politik geistig widerstehen kann. ARNE MATSCHINSKY, Hamburg
Grenze abgeschafft
■ betr.: „Ja zum Kompromiss“, taz vom 6. 3. 14
Bei Lesen des Kommentars von Gereon Asmuth habe ich mich gefragt, ob der Verfasser es nicht besser weiß oder wider besseres Wissen argumentiert. Die Wiederherstellung der Souveränität der baltischen Staaten nach der Auflösung der Sowjetunion als „Grenzverschiebung“ zu bezeichnen, ist schon ziemlich gewagt. Nach dieser Logik war ja auch schon die Bildung des Staates Ukraine und vieler weiterer ehemaliger Sowjetrepubliken eine Grenzverschiebung, die nun auf den Prüfstand gehört. Und ich erinnere mich – jawohl, Herr Asmuth – sehr gut an die deutsche Einheit und weiß daher auch noch, dass damals kein einziger Zentimeter Grenze verschoben wurde. Es wurde lediglich eine Grenze abgeschafft. CHRISTOPH HÖHLE, Alfter-Witterschlick
Ich bin fassungslos
■ betr.: „Bären in Not“, taz v. 28. 2. 14
ich war bisher der meinung, die taz wäre die letzte unabhängige deutsche tageszeitung. ihre berichterstattung über die vorgänge in der ukraine unterscheiden sich kein jota von jener in der mainstream-presse. sehen sie denn nicht, was vor sich geht? in der ukraine fand eine von den usa und der eu gesteuerte machtübernahme statt – generalstabsmäßig geplant exakt zum zeitpunkt der olympischen spiele. das hat mit „volksaufstand“ und „demokratie einführen“ gar nichts zu tun. die usa wollen in den russischen vorgarten, bevorzugt bis an die krim, zur russischen flotte. nun, in der heutigen ausgabe steht tatsächlich, der „entlassene präsident ließ nicht nur menschen foltern und umbringen“ (in den usa übrigens alltag), nein er hat auch „bären gequält, darunter sogar jungtiere“. ich bin fassungslos. THOMAS HÄRING, Weitnau