LESERINNENBRIEFE :
Viererkette spielt auf Augenhöhe
■ betr.: „Ulis bester Freund“, taz vom 27. 3. 14
Fischen nach billigem Applaus in Kommentaren zu Uli Hoeneß scheint zur Zeit erste Journalistenpflicht. Es ist völlig verquer Guardiola vorzuwerfen, die Werke Kants zu verschlingen, aber nicht zugleich als Moralapostel aufzutreten. Ein Trainer, ist ein Trainer, ist ein Trainer – und kein Richter und kein Moralapostel. Er ist weder dazu verpflichtet noch stünde es ihm zu, sich als Trainer in der Öffentlichkeit zur „moralischen und politischen Dimension des Falles“ zu äußern. Auch ist Guardiola, wie alle anderen Trainer der Welt, nicht dafür zuständig, die Menschenrechtslage auf WM-Baustellen zu kritisieren. Darüber hinaus ist auch ein Steuerhinterzieher, der sich selbst angezeigt hat, nicht nur ein Steuerhinterzieher, sondern noch immer ein Mensch. Als solcher darf man – gerade wenn man Kant verschlingt – diesem Menschen bei allen Verfehlungen zur Seite stehen und darf ihm als Trainer einen Titel widmen.
So schief wie die Vorwürfe des Kommentators sind, so schief ist im übrigen auch sein sprachliches Eingangsbild: eine Viererkette mauert nicht. Eine Viererkette spielt auf Augenhöhe.
ANDREAS HOERMAN, Frankfurt am Main
Zweite Meinung ist immer gut
■ betr.: „Zum Scheitern verurteilt“, taz vom 29.3. 14
Den Samstagabend auf der Couch mit dem ZDF zu verbringen, muss laut taz-Redaktionsstatut per se eine geriatrische Veranstaltung sein, wo der Zuschauer „auf dem Sofa eindöst“. Das nennt man dann wohl deduktiv: ZDF = Geriatrie – ganz im Gegensatz zur „induktiven FBI-Methode“ des infrage stehenden Ermittlers.
Bei der Unzahl von Krimis in der hiesigen TV-Landschaft ist der geneigte Zuschauer um jede kritische Handreichung dankbar. In unserem Falle war es eine glückliche Fügung, zuerst die Kritik von Michael Hanfeld in der FAZ gelesen zu haben, die des Lobes voll war. So schalteten wir denn mit buntem Schnittchenteller und Rotwein in den gehobenen Geriatrie-Modus und erlebten kurzweilige Unterhaltung mit souverän und kreativ agierenden Protagonisten. Immerhin, die taz-Redakteurin, Judyta Smykowski, kommt zu dem Ergebnis, dass „der Plot gar nicht mal so schlecht ist“, was wir durchaus nachempfinden können, gipfelt doch das skurrile Nachstellen der letzten Stunden des Opfers in eine morphogenetisch aufgeladene Parallelwelt im Kopf des Kommissar Schaller (hervorragend : Alexander Held).
Kurz und gut: Hätten wir zuerst die tiefschürfende Kritik („braucht kein Mensch“) von Frau Smykowski gelesen, wäre uns was entgangen. O. K, die Erotikszenen des Ermittlerpaares waren offenbar drehbuchtechnisch ein „must have“ und ziemlich blöd eingebaut. Aber ansonsten freuen wir uns zumindest auf eine weitere Folge mit diesem Ermittlerteam. Übrigens haben wir bei von der taz hochgelobten TV-Krimis schon einige derbe Enttäuschungen erleben müssen. Eine zweite Meinung ist immer gut … KLAUS TRÖGER, Altenstadt
Ein alter Beruf
■ betr.: „Hebammen soll geholfen werden“,taz vom 15. 3. 14
Familienpolitik fängt nicht bei der Diskussion über Kita-Plätze, Betreuungsgeld, Elternzeit etc. an, sondern schon bei Schwangerschaft und Geburt. Doch leider wird bald das Betreuungspersonal, nämlich die Hebamme, nicht mehr selbstverständlich sein, wenn die Politik keine vernünftige Lösung findet. Die Haftpflichtversicherung für eine freiberufliche Geburtshelferin steigt auf über 5.000 Euro! Wer soll das von durchschnittlich 8 Euro Stundenlohn bezahlen? Ab Mitte 2015 gibt es dann überhaupt keinen Versicherungsschutz mehr, das heißt Berufsverbot! Ein jahrhundertealter Beruf wird einfach vernichtet.
Wir haben insgesamt sechs Kinder geboren, fünf davon kamen im Hebammenhaus und daheim zur Welt. Unseren Hebammen sind wir sehr dankbar, sie waren immer für uns da, vor, während und nach der Geburt. Seit Wochen gehen deshalb Tausende Menschen auf die Straße und kämpfen für dieses Recht. Die Damen und Herren Politiker haben aber immer noch taube Ohren. Übrigens gibt es Haftungsgrenzen für Atomkraftwerke, für Hebammen nicht!
KATHRIN DOPPELBAUER, Möttingen,
SANDRA SCHULZ-BERNHOLT, Weißenburg
Auf zum digitalen Widerstand
■ betr.: „Sag’s nicht weiter!“, taz vom 29. 3. 14
Die Aussagen von Ilja Trojanow bezüglich der Verschlüsselung seiner Mails kann ich gar nicht nachvollziehen. Er will „nicht in ein Verschlüsselungswettrüsten gegen den Staat treten“. Ja, was ist denn die Alternative? Wir möchten alle, dass der Staat unsere Privatsphäre schützt und respektiert. Genau das tut aber dieser Staat – und auch andere Staaten – nicht. Die Alternative kann doch da nicht sein, dass ich beleidigt bin und einfach Tür und Tor jeglicher Schnüffelei gegenüber offen lasse! Nein, die Alternative ist natürlich ein Verschlüsselungsprogramm, mit dem ich meine Mails sehr viel sicherer machen kann. Es gibt doch einen Grund, warum die US-Regierung in den sogenannten Crypto-Wars versucht hat, die Verschlüsselung privater Mails zu verbieten. Die US-Regierung ist damit gescheitert, glücklicherweise. Wir sollten die Möglichkeiten nutzen, und mit Verschlüsselungsprogrammen unser Recht auf Briefgeheimnis schützen. Der Staat wird uns nicht schützen, das müssen wir hier schon selber erledigen. Und nein, man muss kein Computer Nerd sein, um mit Programmen wie PGP klarzukommen. Also auf zum digitalen Widerstand! SABINE MEHLEM, Bremen