LESERINNENBRIEFE :
Grillen gegen Krieg
■ betr.: „Der will nicht hauen, der will nur essen“, taz vom 15. 4. 14
Ich hab’s schon immer gewusst! Der Hunger ist schuld an Gewalt!
US-Forscher haben in – vermutlich sauteuren und langwierigen – Studien herausgefunden, dass zwischen Paaren die Aggressionen steigen, wenn deren Blutzuckerspiegel sinkt. Also mal ehrlich! Das hätte man einfacher haben können. Das Problem kennt nämlich nahezu jede Familie, deren Wonneproppen nach dem ausschließlichen Genuss von extrem „gesundem“ und gerecht gehandeltem Obst und Gemüse aus rein biologischem Freilandanbau aus dem Kindergarten nach Hause kommen und dort auf pappsatte Eltern treffen, die zur Mittagszeit mit Essen aus der Kantine, angereichert mit reichlich Glutamat, abgefüttert wurden, das gegen vier Uhr morgens von kurz eingewiesenen Laienköchen aufgetaut und erwärmt wurde. Gut, dass jetzt wieder die Grillsaison mit reichlich Steaks und Würstchen beginnt. Was das Familienleben ein Stück weit friedlicher macht, kann vielleicht auch die Lösung für die Konfliktherde dieser Welt sein. Brot für die Welt und grillen gegen Krieg. Wer weiß …
HEIKO MITTELSTAEDT, Hemsbach
Ich aber wünsche mir …
■ betr.: „Bert Brecht – auch ein Neinsager“, Leserbrief, taz vom 12. 4. 14
Ja, „die Linken“ haben zu 80 Prozent das Programm, das wirklich links ist, die Grünen sind zu 80 Prozent angepasst an den Mainstream und das Business. Und dennoch sind „die Linken“ unwählbar. Ihre Führungsriege und immer noch große Kreise in ihrer Partei sind ebenso an die „ruhmreiche sozialistische“ Vergangenheit angepasst wie die Grünen es inzwischen an das „Wirtschaftswunder BRD“ sind (oh Wunder!). Die Grünen haben es definitiv verpasst, die „besseren Linken“ zu werden. Und „die Linken“ werden immer eine Pseudopartei bleiben. Ich aber wünsche mir immer noch eine linke Partei, die frei von historischen Verbindlichkeiten, unangepasst, basisdemokratisch und mit unumkehrbarem Rotationsprinzip (!) für eine sozialistische Gesellschaft eintritt – so wie es Attac außerparlamentarisch zum Teil vormacht. DETLEF SCHEFFEN, Berlin
Absurditäten als Argument
■ betr.: „Da ist so manches absurd“, taz vom 12. 4. 14
Das Hauptproblem der gegenwärtig schlechten Meinung über Europa sind die nationalen Regierungen, die ihre jeweilige Europapolitik danach ausrichten, wie man das meiste für die nationalen Interessen herausholen kann. Und weil das Deutschland derzeit am besten gelingt, erscheinen Europa und die EU nur als unbequeme und überflüssige Last. Die Absurditäten dienen dabei als beliebtes Argument. Warum die Auseinandersetzung über die Vorratsdatenspeicherung ein gutes Beispiel sein soll für die Erosion der Demokratie durch die Undurchschaubarkeit der juristischen Implikationen dieser Angelegenheit, das ist schlecht nachvollziehbar. Diese Frage wurde intensiv in der Öffentlichkeit und im europäischen Parlament diskutiert. Und offensichtlich mit Wirkung!
Vollends absurd aber wird die Argumentation zur europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik im Artikel von Bettina Gaus. Dass Europa eine bitter lehrreiche Geschichtserfahrung zu diesem Thema vom Dreißigjährigen Krieg bis zu den letzten Weltkriegen aufweisen kann, spiegelt sich in allen nationalen Verfassungen und in der Gründung der Europäischen Union wider. Und jede Nation wird ihre Sicherheitspolitik in diesem Erfahrungszusammenhang und im europäischen Kontext formulieren.
Dennoch ist der Mangel an europäischer Abstimmung bei jedem internationalen Konfliktfall evident. Das schmälert den Einfluss und die Wirksamkeit der europäischen Außenpolitik. Und es dient dazu, den nationalen Opportunismus zu verstecken, zum Beispiel in der mangelhaften Unterstützung der arabischen Demokratiebewegung. Man muss nicht den Nationalstaat aufgeben, wenn es darum geht, für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik einzustehen und dabei Verpflichtungen einzugehen, auch militärische. Bisher hatten wir die Nato-Verpflichtung, die kaum infrage gestellt wurde. Eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik in europäischer Verantwortung sollte dringend öffentlich diskutiert und abgestimmt werden. Davor drücken sich die Politiker, und die veröffentlichte Meinung schürt Ängste, dass wir im Extremfall nicht mehr demokratisch über Krieg und Frieden entscheiden dürften.
Es wären hingegen nationale Entscheidungen erstrebenswert, ganz strikt UNO-Beschlüsse zur Voraussetzung gemeinsamen militärischen Handelns zu machen und nationale Alleingänge auszuschließen. BURKHART BRAUNBEHRENS, Ebertsheim
Ein schmaler Grat
■ betr.: „Petzen per Smartphone“, taz vom 9. 4. 14
Petzen ist nicht schön, an den Staat zu verpetzen ist noch unschöner. Und genau in diese unschöne Ecke sollen Menschen gestellt werden; Menschen, die sich gegen Mitmenschen wehren, die meinen, mit ihrem Automobil das Privileg gekauft zu haben, es überall abstellen zu können. „Mal eben kurz zum Bäcker/zur Reinigung/zum Rechtsanwalt“, mit Vorliebe auf Radwegen, mal eben rechts ran – mitten im Weg, stört ja keinen, kann man ja drumherum laufen. Leider ist das System der Verkehrsüberwachung auf Petzen ausgelegt, weil man zu Recht ja auch keine Generalüberwachung durch das Ordnungsamt möchte. Es ist ein schmaler Grat, auf dem man geht, wenn man petzt, aber es ist der einzige Weg, sich gegen automobile Privilegieninhaber zu wehren. MARKUS GRAF, Köln