LESERINNENBRIEFE : LESERINNENBRIEFE
Hebammen ade?
betr.: „Schwierige Geburt“, taz vom 14. 4. 14
Der Protest wurde nicht nur von Hebammen getragen, sondern mindestens genauso von Eltern.
Es geht nicht nur um die freiberuflichen Hebammen und nicht nur um Geburtshäuser und Hausgeburten. Es geht um die Qualität der Geburtshilfe in Deutschland im Ganzen und darum, ob Hebammen fair entlohnt werden.
Hinzu kommt, dass die Möglichkeit, eine Eins-zu-eins-Betreuung unter der Geburt zu bekommen, bislang ausschließlich von Freiberuflerinnen getragen wird, den sogenannten Beleghebammen. Eine angestellte Hebamme kann man schlicht nicht für eine Eins-zu-eins-Betreuung buchen. Aufgrund der hohen Versicherungskosten bei recht geringem Entgelt ist selbst hier in Berlin die Anzahl der Beleghebammen drastisch gesunken.
Auch angestellte Hebammen müssen haftpflichtversichert sein, sind also genauso betroffen wie die Freiberuflerinnen. Ohne ein Lösung kann überhaupt keine Hebamme mehr praktizieren, ob angestellt oder nicht, denn alle müssen eine Haftpflichtversicherung haben. Werden die Hebammen immer weiter belastet, geben immer mehr von ihnen auf, und auch die Situation in den Krankenhäusern verschlechtert sich.
Je mehr Frauen eine Hebamme parallel betreuen muss, desto schlechter ist das für den Verlauf der Geburt. Es geht hier nicht um den Feel-good-Faktor, sondern um eine handfeste Kostensteigerung für das Gesundheitssystem. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen: Ohne Beleghebamme, die während der Geburt ausschließlich für mich zuständig war, hätte die recht schwierige Geburt meines Kindes aller Wahrscheinlichkeit nach mit Kaiserschnitt geendet.
Abgesehen davon sind Krankenhäuser nun mal Medizinfabriken, die auf individuelle Bedürfnisse und Erfordernisse nur bedingt eingehen können. Freiberufliche Hebammen können viel flexibler reagieren. Und damit kommen wir zur Stillquote: Ohne die geduldige Unterstützung einer Hebamme hätte ich es nicht gelernt. Ich kenne Mütter, denen weniger Betreuung zuteil wurde – und die dann nicht stillen konnten. Mit Folgen für das Portemonnaie der Eltern (Ersatzmilch ist teuer), vor allem aber für die Widerstandskraft der Kinder. F. F., Berlin
Zwischen Elbe und Spree
betr.: „Reich oder sexy. Berlin vs. Hamburg“, taz vom 12. 4. 14
Euer Städtevergleich Berlin–Hamburg liest sich wie eine verblichene Reminiszenz an die 1980er Jahre, als für die BRD die Welt noch in Ordnung, sprich östlich der Elbe die DDR noch existent war. Kein Wort darüber, dass die Einzigartigkeit Berlins gerade darin besteht, beide deutsche Staaten in sich vereint zu haben – mit all den Folgen, die bis heute zu spüren sind, wie etwa die im Vergleich zu Hamburg größere Armut. Nur in dem, wie ich finde, sehr gelungenen Vergleich zwischen Elbe und Spree kommt der Osten zur Sprache – bezeichnenderweise dann aber auch am Beispiel Tschechiens. Aus Sicht westdeutscher Künstler mag Hamburg in den 1990ern politischer als Berlin gewirkt haben. Ostdeutsche BürgerrechtlerInnen, die im Vakuum der untergehenden DDR bis zuletzt an einem Alternativmodell werkelten, dürfte diese Behauptung wohl eher die Köpfe schütteln lassen.
SEBASTIAN PAMPUCH, Hamburg
Wahrnehmung verzehrt
betr.: „Hamburg vs. Berlin I. Eine Frage der linken Allianzen“, taz.de vom 12. 4. 14
Diese Wahrnehmung ist doch sehr verzerrt. Eine gezielte Strategie linker Gruppen in Hamburg, „das liberale Bürgertum einzubinden“, gibt es nicht. Vielmehr bilden sich Stadtteilinitiativen gegen die zunehmende Gentrifizierung auch in nicht ausschließlich prekären Stadtbereichen. Dabei spielen ganz unterschiedliche Motive eine Rolle. Nicht immer geht es dabei um bezahlbare Mieten und Wohnraum, aber eigentlich immer um den Erhalt gewachsener Strukturen. Auch das Bürgertum hat längst gemerkt, dass die Mc-isierung den Wohnwert in der Stadt zerstört. Wenn es in „der schönsten Stadt der Welt“ plötzlich überall so aussieht wie in jedem anderen Kaff, dann kann das auch dem Bürgertum nicht recht sein. „Nach oben“ orientiert sich in Hamburg nur die SPD, und die steht hier nicht im Verdacht, „links“ zu sein. Mit „oben“ sind dabei Spekulanten, Bankenabzocker, Miethaie, Baumafia, Lohndrücker und die Polizeiführung gemeint. Nachdem unter den CDU-Regierungen abgesehen von den Luxusobjekten in der Elbphilharmonie so gut wie keine Wohnungen gebaut wurden, hat nun die SPD-Regierung den Wohnungsbau zum Senatsziel erklärt. Toll! Mit irgendwas Praktischem muss die SPD-besetzte Verwaltung schließlich auch mal beschäftigt werden. RAINER B., taz.de
Wissend zurücklächeln
betr.: „Berliner Szenen, ‚Kopf hoch‘ “,taz vom 15. 4. 14
Vielen Dank für Ihren tollen Erfahrungsbericht nach einer Feldenkrais-Einzelstunde! Sie ermöglichen den LeserInnen einen direkteren Einblick in die Wirkung der Methode als manche theoretische Abhandlung, was Feldenkrais sei. Bitte mehr davon! Vielleicht sitzen dann schon bald ein paar mehr Leute in der Bahn, die wissend zurücklächeln … ARIANE WESSEL, Feldenkrais-Lehrerin