LESERINNENBRIEFE :
Ein echter Politikwechsel
■ betr.: „Flucht nach vorn“ u. a., taz vom 22. 10. 14
Schon kurz nach der Wahl in Thüringen, als die Möglichkeit eines Ministerpräsidenten der Linken ins Gespräch kam, hatte ich es geahnt, dass die bösen und diskriminierenden Kommentare der Politiker und Medien nicht lange auf sich warten lassen werden. Was ist denn schon dabei, wenn Bodo Ramelow, der mit der alten SED und dem Unrechtsstaat DDR nichts am Hut hat, weil er außerdem aus Niedersachsen im Westen stammt, mit Hilfe der SPD und der Grünen zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wird? Was nicht nur Thüringen, sondern auch andere Bundesländer sowie der Bund braucht, ist ein echter Politikwechsel und kein Weitergewurschtel wie bisher, denn nur das bringt uns in Deutschland in der gesellschaftlichen Entwicklung weiter! Die bisherige Ministerpräsidentin Lieberknecht von der CDU ist außerdem im Gegensatz zu Herrn Ramelow eine völlig medienunerfahrene, farblose Repräsentantin, die sich vor der Fernsehkamera noch nicht einmal vernünftig artikulieren kann!
THOMAS HENSCHKE, Berlin
Ein anderer Blickwinkel
■ betr.: „Die Ego-Lokomotive“, taz vom 21. 10. 14
Aus der von Ulrike Herrmann eingenommenen Perspektive betrachtet, erscheint ihre Position zur „Ego-Lok“ recht stimmig. Man sollte die Frage aber auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten:
Warum eigentlich hat es die Eisenbahnergewerkschaft bislang nicht geschafft, die Lokführer im nennenswerten Umfang zu organisieren? Warum schafft Ver.di es nicht, die Krankenhausärzte und Piloten zu organisieren? Und warum hat es die IG Metall auch nach 40-jährigem Bemühen nicht geschafft, die Facharbeiter in den Büros, die Ingenieure und Projektleiter, in auch nur annähernd gleichem Umfang zu organisieren wie die Facharbeiter in den Werken?
Oder andersherum gefragt: Wie sollen die Lokführer, Piloten, Krankenhausärzte und Ingenieure ihre Interessen vertreten, wenn sich in ihrem Betrieb nur Gewerkschaften finden, deren betriebliche Funktionäre und Mitglieder fast ausschließlich aus ganz anderen Berufsgruppen kommen und sich deshalb naheliegenderweise ausschließlich für deren Themen und Interessen engagieren? Sind die Führer dieser Gewerkschaften keine Egoisten ihrer Klientel? Wollen sie diesen Gewerkschaftsaktivisten ernsthaft empfehlen, sie sollen die eigenen Machtstellungen in ihrer Organisation freiwillig abtreten – vielleicht noch an den besserverdienenden Teil ihrer Belegschaften? Brauchen Mitarbeiter ab einem bestimmten Einkommen keine Interessenvertreter mehr? Oder wollen Unternehmensführer viel lieber nur mit einem Teil ihrer Belegschaft verhandeln?
Vielleicht ist die ganze Angelegenheit doch etwas zu kompliziert, um sie einfach mit einem gesetzlichem Zwang zur Tarifeinheit zu „lösen“. KLAUS HANNEMANN, Erlangen
Gepfefferter Artikel
■ betr.: „Friert mich einfach ein“, taz vom 23. 10. 14
Liebe Margarete Stokowski ! Ganz herzlichen und heftigen Dank für Ihren gepfefferten Artikel: „Friert mich einfach ein“! Selten habe ich einen so treffenden Artikel zur Gruseligkeit und Obszönität der Geschlechterrollen gelesen! Sie treffen tief ins Mark all der aktuellen Probleme, die noch immer weit entfernt von einer Lösung und in den klebrigen Pranken dumpfbackiger Ewiggestriger festhängen! ASTRID SCHÖNFELDER, Bremen
„Problembär“ Mensch
■ betr.: „Rumänien. Soldaten sollen Bären jagen“, taz vom 21. 10. 14
Wieder einmal sucht sich der Mensch ein Opfer, das für seine Taten schuldig gemacht werden kann. Die eigentlichen „Problembären“ sind aber nun mal diejenigen, die durch ihren Abfall die Tiere anlocken. Die Braunbären folgen einfach nur ihrem Instinkt und die Menschen, die den Tieren gegenüber durch ihren Verstand eigentlich im Vorteil sein sollten, sind zu engstirnig, um zu begreifen, dass der Fehler von ihnen ausgeht. JONAS KETTERMANN, Greifswald