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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Es lebe der Lobbyismus!

■ betr.: „Regierung enttäuscht Hilfsorganisationen“, taz v. 14. 11. 14

Deutschland schafft es nicht, seinen Unternehmen Regelungen zur (fairen) Produktion von Textilien aufzuerlegen, geschweige denn Vorschriften oder Strafen in Bezug auf die sinnlose Überproduktion und Verschwendung von Lebensmitteln einzuführen, den Abtransport unseres Elektroschrotts nach Afrika zu unterbinden etc. pp. Da ist es doch nur konsequent, dann auch nicht mehr Geld als unbedingt nötig für die (unter anderem daraus resultierenden) Katastrophen auf dieser Welt auszugeben, oder? Es lebe der Lobbyismus!

KATHARINA UHLIG, Düsseldorf

Schleichende Militarisierung

■ betr.: „Wald der Erinnerung eingeweiht“, taz vom 17. 11. 14

Seit Jahren verfolge ich die Veranstaltungen zum „Volkstrauertag“ und kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine schleichende Militarisierung des Volkstrauertags und eine Rückverwandlung in den Heldengedenktag unseligen Angedenkens stattfinden. Einer der Politiker, die auch auf diesen Veranstaltungen zu sprechen pflegen, erinnert – neben sehr allgemeinen Bemerkungen über „die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ – an die deutschen Soldaten, die in vielen Ländern der Erde wieder „ihren Dienst“ tun. Eine mehr oder weniger unpolitische Pfarrerin flicht in ihre sonst ebenfalls sehr allgemein gehaltene Rede im Zusammenhang mit den heutigen deutschen Militäreinsätzen das Wort „humanitär“ o. Ä. ein, ohne sich über die aktuelle propagandistische Funktion dieses Wortes klar zu sein. Und in einem Garnisonsort in unserer Nachbarschaft darf auch ein Offizier der Bundeswehr sprechen, der auf die deutschen Soldaten in Afghanistan hinweist.

Das alles könnte auf den ersten Blick ganz harmlos erscheinen. Doch vor dem Hintergrund der augenblicklichen Militarisierung unserer Gesellschaft ganz allgemein, aber auch, weil über die zivilen Opfer von Kriegen kaum jemals so konkret gesprochen wird, erhält das heutige Militär in den Veranstaltungen ein Gewicht, das einer Gewöhnung an Militäreinsätze im Ausland und an Kriege, die nicht der Verteidigung dienen,Vorschub leisten könnte. Durchweg fehlen Hinweise auf gegenwärtige Kriege und unseren Anteil daran!

LUDWIG SCHÖNENBACH, Bremen

Massentierhaltung und Virus

■ betr.: „Vogelgrippe in England bestätigt“, taz vom 18. 11. 14

Auch wenn immer wieder gebetsmühlenartig Wildvögel für die Übertragung des Vogelgrippevirus verantwortlich gemacht werden, entgeht es einem aufmerksamen Beobachter nicht, dass diese Viren fast nur in Betrieben vorkommen, die eine extreme Anzahl von Tieren halten; ob 30.000 in Deutschland, 150.000 in den Niederlanden oder 6.000 in England. Der Zusammenhang zwischen der Massentierhaltung und dem Auftreten dieses Virus wird absolut verleugnet.

Wie kommen die Wildtiere in abgeschlossene Ställe? Geht es doch letztendlich darum, dass auch hier der Steuerzahler für die Entschädigung aufkommen muss, wenn ein ganzer Besatz eines Betriebes getötet werden muss, und das ist natürlich sehr viel schwerer zu „verkaufen“, wenn dieses Problem im Zusammenhang mit der Massentierhaltung auf engstem Raum steht. Jeder kleine Landwirt hat in einem solchen Fall ein Betriebsrisiko zu tragen, weshalb nicht auch diese Fleischfabriken. Denn dann wäre das ein erster Weg, diese Massentierhaltung einzuschränken, wie es von allen Funktionären der Politik und der Verbände angesprochen wird und wir bekämen wieder gesundes, ohne Antibiotika verseuchtes Fleisch zu kaufen.

ALBERT WAGNER, Bochum

Anteil an der Geldschwemme

■ betr.: „Die Strafe des Geldes“, taz vom 14. 11. 14

Ulrike Herrmann hat einen Punkt in ihrer sonst guten Stellungnahme vergessen. Die kapitalgestützte Altersvorsorge, die ja seit Rot-Grün (vermutlich auf Einflüsterung der Versicherungen und Banken) in Deutschland auch quasi- verpflichtend ist, hat einen Gutteil Anteil an der Geldschwemme. Würde man hier wieder in Richtung Umlagefinanzierung in einer moderneren Form (Ideen liegen seit langem mit zum Beispiel der Wertschöpfungsabgabe als Arbeitgeberanteil vor) umsteuern, würde man Milliarden aus den Finanzmärkten nehmen. Nebeneffekte wären noch, dass Unternehmen sich nicht durch Personalreduzierung aus der Finanzierung der Sozialkassen verabschieden könnten und dass die Altersbezüge sich am wirtschaftlichen Status des Landes orientieren würden. Man muss nur einen gesellschaftlichen Konsens darüber herstellen, welcher Anteil des Volkseinkommens für die Rentner zur Verfügung gestellt werden soll. FRIEDRICH-KARL BECKMANN, Pinneberg

Es braucht pfiffige Köpfe

■ betr.: „Die Bankenaufsicht kann nur versagen“, taz vom 17. 11. 14

Man ist immer wieder überrumpelt, wie es die Autorin versteht, hochkomplexe Finanzwirtschaft und Bankenpolitik auf einfache Grundsätze herunterzubrechen: „Wenige Standardderivate hätten gereicht, und der Rest wäre verboten worden. Punkt.“ Tatsächlich scheint die Politik der Raffinesse und der Raffgier der internationalen Bankenlobby längst unterlegen. Da braucht es pfiffige Köpfe wie Ulrike Herrmann, die das immer wieder auf den zitierten Punkt bringen. Auf dass es schließlich auch in die Köpfe der politischen Entscheider dringt. ERNST CLAUSSEN, Rhauderfehn