LESERINNENBRIEFE :
Titelkarikatur gut angekommen
■ betr.: „NEIN! NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!“, taz vom 20. 2. 15
Als Deutschgriechin kenne ich den Zeichner Kostas Koufogiorgos noch aus früheren Jahren aus Griechenland, mittlerweile arbeitet er ja fast ausschließlich für deutsche Zeitungen. Diese Illustration ist noch am selben Tag über sämtliche griechische Nachrichtenkanäle im Fernsehen gelaufen, sie kam auch dort sehr gut an! Es war erfrischend, eine kritische und handwerklich ausgezeichnet gemachte Karikatur zu sehen, die dennoch nicht auf dem Niveau des ewigen Griechen-Bashing angekommen ist. Gratulation dazu und bitte mehr von diesem Zeichner! ELENA TSOUMA-STERNKOPF, Stuttgart
Es gibt einiges zu lernen
■ betr.: „Staatspleite. Fünfmal schlimmer als die Griechen“, taz vom 21. 2. 15
Die Bewältigung der Islandkrise wird in der taz als nachahmenswertes Beispiel für Griechenland dargestellt. Und in der Tat gibt es da einiges zu lernen, was in der taz aber nicht weiter konkretisiert wird.
Ein Problem Griechenlands ist, dass der schon erfolgte Schuldenschnitt von 50 Prozent nicht zu einer massiven Schuldenreduzierung geführt hat. Der wesentliche Grund: Mit der wichtigste Gläubiger des griechischen Staates waren griechische Banken. Die wären nach dem Schuldenschnitt alle bankrott gewesen, wenn sie der griechische Staat nicht massiv rekapitalisiert hätte mit Mitteln, die er sich über das europäische Hilfspaket geholt hat.
Eine an die Erfahrung Island angelehnte Alternative wäre gewesen, die Einleger der griechischen Banken mit einer Halbierung ihrer Guthaben heranzuziehen. Dann wären die Bilanzen der Banken wieder ausgeglichen gewesen und Griechenland hätte 30 bis 40 Milliarden Euro weniger neue Schulden gebraucht, und eine solche Maßnahme wäre unterm Strich sicher auch ein großer Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Griechenland gewesen. Europa hätte zu so einer Maßnahme mit Sicherheit nicht Nein gesagt, es wurde ja auch wenig später in Zypern so verfahren. Aber da müssen sich die Griechen zunächst an die eigene Nase fassen und nicht immer die Schuld für ihre Probleme bei den anderen Europäern suchen.ROGER PELTZER, Kerpen
Linke Partei Irlands
■ betr.: „Unter Beobachtung. Irlands Strebertum“, taz vom 20. 2. 15
Lieber Ralf Sotscheck: Wir lieben Sie heiß und innig, aber Ihre Berichterstattung zu Sinn Féin wäre in einer Zeitung vom anderen Ende des politischen Spektrums besser aufgehoben als in der taz.
Sinn Féin ist heute schlichtweg die größte linke Partei Irlands und Mitglied der gleichen Parteienfamilie wie die französische Parti Gauche, die deutsche Linke und die griechische Syriza. Ihre Chancen, die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen, geben Anlass zur Hoffnung, dass sich die in Griechenland begonnene Wende in Europa fortsetzt. Sie gebetsmühlenartig als „politischen Flügel der inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA)“ zu titulieren/diffamieren, spiegelt die Wirklichkeit des Jahres 2015 ungefähr so viel wider wie die Bezeichnung der Linken als „SED-Nachfolgepartei“. Wie wäre es stattdessen mit substanziellen Berichten über linke Politik in Irland? FRIEDEMANN LANGE, Stutensee
Die wahren Schurken
■ betr.: „verboten“, taz vom 19. 2. 15
Statt Gewerkschaftsvertreter in Tarifverhandlungen als Schurken zu bezeichnen, sollte verboten besser die wahren Schurken auf der Kapitalseite auf die Schippe nehmen. LOTHAR PICHT, Sandhausen
Damals wie heute
■ betr.: „Diktat aus Deutschland“ u. a., taz vom 23. 2. 15
Wie sehr ähnelt die deutsche Europapolitik der Merkel-Regierung der Politik Deutschlands im Kaiserreich vor dem Ersten Weltkrieg. Genau wie damals ist diese Politik immer „alternativlos“. Und genau wie damals brauchten die Konservativen circa 20 Jahre (damals, 1870/71, Krieg gegen Frankreich, heute Wiedervereinigung), um die notwendigen politischen Strukturen aufzubauen. Genau wie damals betreiben die deutschen Konservativen eine Politik der absoluten Stärke, dieses Mal nicht auf militärischem Gebiet, sondern auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik, und zwar gegen jegliche Vernunft und gegen die arbeitende Bevölkerung. War damals das Ziel, Gebietsgewinne zu erreichen (Kolonien), ist heute das Ziel, einen absoluten deutschen Neokapitalismus durchzusetzen. Dabei wird die Souveränität Griechenlands wie auch der anderen südeuropäischen Staaten nahezu vollkommen außer Kraft gesetzt. Es geht halt nichts gegen das Veto Deutschlands in der Eurogruppe.
Und damit diktiert Herr Schäuble als „deutscher Saubermann“ innerhalb der Eurogruppe die Vorgehensweise. Ein Saubermann, der selbst Dreck am Stecken hat, wie man sehen kann, wenn die CDU-Parteispendenaffäre nicht total vergessen, besser verdrängt und verleugnet wird. Sicher wird es nicht zu einem weiteren Krieg deswegen kommen, abgesehen von dem Krieg Reich gegen Arm, aber eine Isolation Deutschlands innerhalb der Eurogruppe ist schon zu verzeichnen. Und die Hegemonie der deutschen Politik in der EU ist kaum noch zu übersehen. Doch wenn es um Macht geht, hat alles andere keine Bedeutung mehr, weder im Inland noch in Europa.
Und wieder übernimmt die deutsche Sozialdemokratie die klägliche Rolle des Mitläufers, heute wie damals. ALBERT WAGNER, Bochum