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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die Freude der Kapitalbesitzer

■ betr.: „Technokraten sind gefährliche Krisenmanager“, taz (Ausgabe West + online) vom 11. 11. 11

Zwar konstatiert Ulrike Herrmann richtig, dass Technokraten gefährliche Krisenmanager sind, gefährlich für die Demokratie. Doch wie kommt sie zu der Ansicht, es gäbe keine besseren Kandidaten als Papademos und Monti?

Zwei nicht demokratisch legitimierte Banker setzen nun direkt neoliberale Politik auf Kosten der Bevölkerungen um – ohne lästige Parlamente, ohne lästige Wahlen, ohne lästige unberechenbare Entscheidungen von Völkern. Es geht nicht um Technokratie, es geht um den direkten Zugriff des Kapitals auf die Politik, Quasiabschaffung der bürgerlichen Demokratie. Das macht mir Angst, und zwar besonders vor dem Hintergrund, dass dieser Umstand von 99 Prozent der Medien, leider auch von der taz, als notwendig erachtetet wird. „Tina“ hat sich in den Köpfen anscheinend endlich festgesetzt.

So ist es kein Wunder, dass die Aktien weltweit in die Höhe schossen (wer hat sie eigentlich dahin geschossen?), obwohl sich an der Wirtschaftslage nichts geändert hat. Es ist wahrscheinlich die Freude der Kapitalbesitzer und Spekulanten über den Beginn der neuen „marktkonformen Demokratie“. MONIKA DOMKE, Köln

Den Bock zum Gärtner gemacht

■ betr.: „„Technokraten sind gefährliche Krisenmanager“, taz 11. 11. 11

Frau Herrmann hat ein seltsames Politikverständnis, wenn sie glaubt, ein „Technokrat“ (etwa ein Finanzexperte, Banker, Firmenboss etc.) betreibe keine Politik. Ganz im Gegenteil, im Kapitalismus sind diese Leute die wahren „Politiker“ und vor allem Drahtzieher. Der traurige Rest bemüht sich um ein Abgeordneten-Einkommen, wenige Lichtgestalten ausgenommen.

Zum Tag der Deutschen Einheit 2010 wurde der scheidende Papandreou mit dem Quadriga-Preis für seine „Kraft der Wahrhaftigkeit“ geehrt. Die Laudatio hielt Josef Ackermann (!). Papandreous Nachfolger Papademos ist ein Banker, Monti ein „Finanzexperte“.

In einem Punkt hat Frau Herrmann recht: Wir treiben den Teufel mit dem Beelzebub aus, wenn wir, statt die Banker zum Teufel zu jagen, den Bock zum Gärtner machen. Dann doch lieber einen bankrotten Würstchenverkäufer, der Hass auf die Banken hat, als politische Leitfigur. HEINZ MUNDSCHAU-STAMER, Aachen

Spekulanten atmen auf

■ betr.: „Zuversicht macht sich breit“, taz vom 11. 11. 11

„Die Märkte atmen auf.“ Warum nimmt die taz an dem neoliberalen Sperrfeuer aus sprachlichen Nebelkerzen teil? Wer sind denn die Märkte, und warum gibt es denn so viele? Oder warum können die atmen? Eine Übersetzung könnte wie folgt lauten: „Spekulanten atmen auf: Immer mehr Länder werden von nicht gewählten Technokraten und Bankern regiert.“ KAI BEIDERWELLEN, Speyer

Arbeitsstelle ablehnen

■ betr.: „Lohnhöhe vor Expertenvotum“, taz vom 11. 11. 11

Könnte ein Arbeitssuchender ohne Repressalien auch eine Arbeitsstelle ablehnen, so hätte sich ein Mindestlohn ohnehin erledigt. Aber so belasten Arbeitsplätze weiterhin die Sozialkasse, anstatt sie zu entlasten. ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

Reale Gefahr für die Demokratie

■ betr.: „Nazis sollen Serienmörder sein“, taz vom 12. 11. 11

Während Politiker und Medien dümmlichen Vandalismus wie die Brandanschläge auf die S-Bahn und Pkws dem Linksterrorismus zuordneten und über eine neue RAF diskutierten, formierte sich eine rechte Terrorgruppe, die aktiv mordete und Banküberfälle beging. Auch die Tatsache, dass sich zwei der drei Haupttäter erschossen und die dritte Täterin ihr Haus in die Luft sprengte, lässt erahnen, dass diese drei nicht allein handelten. Ich hoffe, dass man nun weiß, woher die reale Gefahr für unsere Demokratie kommt.

MARKUS MEISTER, Berlin