LESERINNENBRIEFE :
Den Versuch wagen
■ betr.: „Es wird immer extremer“, taz vom 11. 11. 11
Im Beitrag von Bernhard Pötter über den Sonderbericht Extremwetter des UN-Klimarates IPCC wird de facto das 2-Grad-Celsius-Ziel – im Dezember 2010 in Cancún verabschiedet – wohl als unhaltbar aufgegeben. Diskutiert wird über Temperaturerhöhungen von 3 bis 5 Grad Celsius zum Jahrhundertende. Und das, wo bei 0,8 Grad berechneter höherer Durchschnittstemperatur heute die bisher strikte Trennung von Wetter und Klima wissenschaftlich aufgegeben werden muss.
Dabei gibt es wissenschaftlich belastbare Konzepte – www. zsw-bw.de –, denen zufolge die Energiewende unter Einhaltung des 2-Grad-Zieles möglich, dazu wirtschaftlich hoch profitabel wird. Mit 180 Milliarden Euro Durchschnittsfinanzierung in den nächsten 15 Jahren in Deutschland fließen bis 2050 950 Milliarden Euro zurück. Um so viel teurer wird vergleichsweise Energie aus fossilen Quellen sein.
Lasst uns diesen Versuch wagen. Wenn in 15 Jahren die erneuerbaren Energien für uns nachweislich billiger werden – break even –, werden die anderen Länder dem Beispiel folgen. Die Welt hätte zur Dekarbonisierung bis 2050 dann noch 25 kurze Jahre Zeit.
Alles andere wird Katastrophenmanagement.
KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Onshore-Windkraft
■ betr.: „Stockender Leitungsbau für Offshore-Windkraft“, taz vom 17. 11. 11
Dass Offshore-Strom teuer ist als Onshore-Strom, bewahrheitet sich nun wieder. Die Regierung gibt der Stromerzeugung im Meer den Vorzug, obwohl mehr Netze und Leitungen zum Festland teuer sind. Eine dezentrale Stromerzeugung an Land und direkt beim Verbraucher wäre hier besser und günstiger. Es sind keine langen Leitungen notwendig und somit erheblich günstiger.
Eon hat sicher gewusst, welche Kosten auf sie zukommen würden. Dass solche hohen Kosten bei einem Privatunternehmen nicht einfach zu schultern sind, ist verständlich.
Wenn die Bundesregierung Offshore-Windkraft will, muss sie hier den privaten Investoren entgegenkommen. Sinnvoll wäre es auch, dass sie mehr Augenmerk auf Onshore-Windkraft legt. Diese ist auf die Dauer einfacher umzusetzen und langfristig günstiger zu haben. Man muss auch die zukünftige Wartung der Anlagen im Auge behalten. JOSEF L. GERBL, Velden
Gewinnaussichten
■ betr.: „Streit über ‚Deckel‘ für Solaranlagen“, taz vom 18. 11. 11
Bald zwei Jahre ist es her, dass Malte Kreutzfeldt die damalige Absenkung der Solarstromvergütung begrüßte und – völlig gegen jede betriebswirtschaftliche Logik – annahm, das wäre gut für den weiteren Ausbau (siehe taz vom 24. 2. 2010: „Mehr Sonne ins Netz“).
Es kam, wie es kommen musste: Wie Kreutzfeldt im oben genannten Artikel vom 18. 11. 11 konstatiert, wird der Ausbau 2011 im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent zurückgehen – und das, obwohl ein schnelles Wachstum der Erneuerbaren dringender gebraucht wird denn je. Selbst ohne den Deckel ist angesichts der Kürzungsraten absehbar, dass große Teile der Branche zusammenbrechen werden.
Ein „Erratum“ wäre also nicht schlecht und die Einsicht, dass – wie in jedem anderen Wirtschaftszweig auch – nur mittelfristig verlässliche Gewinnaussichten Wachstum bringen können.
MARKUS HOLT,
Haltern am See
Wo Verharmlosung beginnt
■ betr.: „Schüsse auf türkischen Laden“ u. a., taz vom 16. 11. 11
Die taz berichtete kurz über „Schüsse auf türkischen Laden“ (Seite 2) und ausführlich über die NSU-Mordserie und allerlei organisatorische Pläne, was nun alles anders werden soll. Wie will man aber Dateien anlegen, wenn rechtsradikale Taten oft nicht als solche bezeichnet werden? Die kleine Meldung ist doch typisch. Wer rechtsradikale Taten begeht, ist „verwirrt“, „betrunken“, beteiligt sich an allgemeiner „Randale“ oder ist eben ein „Hooligan“. Die Verharmlosung beginnt oft schon da, dann helfen Dateien und Archive auch nicht weiter. Meinungsfreiheit auch für rechte Meinungen ist eine Sache, Verharmlosung von Mord und Totschlag, Übergriffen und Körperverletzungen etwas ganz anderes. ULRICH FINCKH, Bremen
Gleichzeitig weinen und lachen
■ betr.: „Jetzt gefährlich, Nazis!“, taz vom 17. 11. 11
Einer der Gründe, warum ich die taz lese, ist natürlich in erster Linie: Ich will gut über das Tagesgeschehen informiert werden.
Aber ein weiterer wichtiger Grund ist, dass mir, die ich rhetorisch völlig unbegabt bin, mein Unbehagen, meine Sorgen und Hoffnungen von Euren SchreiberInnen so brillant in Worte gefasst werden, dass ich während des Lesens gleichzeitig weinen und lachen kann.
So geschehen bei der heutigen Kolumne von Josef Winkler.
ERIKA OLBERT,
Nordheim