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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Was gibt es groß zu reden?

■ betr.: „Die Gesellschaftskritik. Der Schrei verhallt“, taz v. 10. 3. 15

Ich verstehe wirklich nicht, was Johannes Lohmaier meint. Vielleicht plädiert er dafür, dass man rassistische Sprüche in einer Studentenverbindung irgendwie „durchgehen lassen“ soll? Dem würde ich nicht zustimmen. Oder bemängelt Herr Lohmaier nur, dass ein digitaler Shitstorm eben bestimmt kein Dialog ist?

Da ist eine US-amerikanische Studentenverbindung mit rassistischen Sprüchen aufgefallen. Das wurde im Internet skandalisiert. Die Studentenverbindung wurde aufgelöst. Herr Lohmaier aber wünscht sich „Dialog“. Wer soll hier mit wem ins Gespräch kommen? Was gibt es bei eindeutigen rassistischen Aussagen (selbst im Suff) groß zu bereden? In Dialog treten kann man nur, wenn die Gegenseite auch zum Dialog bereit ist. Wenn aber diese Studentenverbindung das rassistische Verhalten zum Anlass nimmt, sich selbst aufzulösen, sieht das nicht sehr gesprächsbereit aus.

Man kann über alles reden, man muss aber nicht.

RAINER SONNTAG, Essen

Was soll der Scheiß?

■ betr.: „Die Gesellschaftskritik. Der Schrei verhallt“, taz v. 10.3. 15

Wenn ein ganzer Bus voller Leute rassistische Lieder blökt, ist’s wohl kaum einfach mal im Suff dahergesungen, wie Johannes Lohmaier spekuliert. Pech für die Rassisten, dass es heute Smartphones gibt. So kann Rassismus eben nicht (immer) einfach und bequem wie früher vergessen werden, wie der Autor bedauert. Gut so! Niemand hindert diese Studenten daran, sich trotz oder gerade wegen des Shitstorms mit ihrem Schwachsinn auseinanderzusetzen.

Braucht die Welt eine weitere rassistische Burschenschaft. Nö! Absolut nicht. Auch nicht in den USA, wo alle paar Tage „dunkelhäutige Menschen“ von rassistischen Polizisten ermordet werden. Dialog mit Rassisten? Hä? Muss man ein Herz für die haben, wie offenbar Lohmaier? Sind rassistische Äußerungen und Taten weniger widerlich, wenn sie von Besoffenen geäußert oder verübt werden?

Man taz ey … Was soll der Scheiß? DANIEL BAIER, Potsdam

Umwege, Schleifen, Sackgassen

■ betr.: „Die CDU war beim Thema Einwanderung Avantgarde“, taz vom 10. 3. 15

Auch wenn Migranten bildungsmäßig aufgeholt haben, Chancengleichheit besteht noch lange nicht. Immer noch ist der Karriereweg von Migranten geprägt durch zahlreiche Umwege, Schleifen und Sackgassen. JULIA ENGELS, Elsdorf

Risiko verharmlost

■ betr.: „Strahlende Zwischenbilanz“, taz vom 7. 3. 15

Es war das Erdbeben, das in Fukushima zur atomaren Katastrophe führte. Wenn man nur den dadurch ausgelösten Tsunami erwähnt, verharmlost man das Risiko für fast alle AKW und Atomanlagen auf der Welt.

Der Rückgang der akuten Strahlenbelastung ist keine wirklich gute Nachricht, wie die japanischen Statistiken suggerieren wollen. Aus den Zahlen von UNSCEAR (Wissenschaftlicher Ausschuss der Vereinten Nationen zur Auswirkung der atomaren Strahlung) geht hervor, dass in Japan aufgrund der radioaktiven Verseuchung bis zu 16.000 zusätzliche Krebserkrankungen und bis zu 9.000 zusätzliche Krebstodesfälle zu erwarten sind. Die atomkritische IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung) geht sogar von weitaus höheren Zahlen aus.

Die im UNSCEAR-Bericht aufgeführten Emissionswerte beruhen ausschließlich auf Angaben der japanischen Atomenergiebehörde. Nicht berücksichtigt wurden die deutlich höheren Angaben unabhängiger Institute. Zudem gibt es ernsthafte Bedenken bezüglich der Berechnung der internen Strahlendosen (die im Körper aufgenommen wurden) und keine verlässlichen Dosisberechnungen für die Arbeiter in Fukushima. Aufgrund früherer Erfahrungen mit Atomunglücken erwartet die IPPNW außer Krebserkrankungen erhöhte Raten u. a. an Leukämien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonellen, neurologischen und psychiatrischen Störungen. Hinzu kommen erhebliche psychosoziale Auswirkungen aufgrund der Traumatisierung und dem Gefühl, von den Behörden getäuscht und allein gelassen zu werden.

Die dringende Konsequenz lautet: sofortiges Abschalten sämtlicher Atomkraftwerke und Atomanlagen! Für eine dezentrale Energiewende in Bürgerhand!

ANNETTE BÄNSCH-RICHTER-HANSEN, Wiesbaden

Nichts begriffen

■ betr.: „Kritische Beamte stillgelegt“, taz vom 9. 3. 15

Sind das wirklich Beamte, die „rechtswidrige Bescheide“ im Hinblick auf die Stilllegung von AKW ausgefertigt haben? Gut und sicher besoldete Beamte? Haben diese Diener des Staates immer noch nicht begriffen, über welche tödliche Materie sie rechtswidrig befinden? In den siebziger Jahren gab es Heerscharen von Befürwortern der Atomenergie: Industrielle, Politiker, die Mehrheit der Bevölkerung. Die „weisen“ Gegner wurden belächelt. Die Atomenergie hat Deutschland Milliarden gekostet. Das wird nach ihrem Ende nicht aufhören. Aber es gibt nach wie vor Saboteure der Stilllegung; diese sind lernunfähig, die Werte der Menschheit sind ihnen fremd, das Verderbliche wesensgemäß. PETER FINCKH, Ulm