LESERINNENBRIEFE :
Ein Leben wird zerstört
■ betr.: „Aus den Tagebüchern eines guten Onkels“, „Verlorene Jungs“, taz vom 14. 3. 15
Ich arbeite seit 18 Jahren als Kernzeitbetreuerin an Schulen und habe in dieser Zeit – leider – unter anderem auch Kinder kennengelernt, die sich ihrer körperlichen Unversehrtheit in ihren jungen Leben zu Hause nicht sicher sein konnten. Als Betreuerin diesen Kindern zu helfen, ist nicht einfach, denn man/frau bekommt „die Auflage, den Dienstweg“ einzuhalten. Dieser führt in einer Schule über den Schulleiter; dieser wiederum möchte nicht, dass „ein schlechtes Licht auf die Schule fällt, der Ruf der Schule beschädigt wird“. Die Möglichkeit, offen mit dem Thema umzugehen, öffentlich über die Medien klarzustellen „An unserer Schule nicht! Wir er-hören unsere Kinder“ scheint keine Option zu sein.
Die betroffenen Kinder selbst erleben nicht nur die Übergriffe, sondern auch die traurige Tatsache, dass ihnen nicht geglaubt wird, sie nicht ernst genommen werden – ihnen nicht geholfen wird. Auch die Betreuer/innen müssen geschult und informiert werden, wie sie den Kindern helfen können und auch selbst Hilfe finden können – am besten mit einer Anlaufstelle außerhalb des staatlichen Apparates.
Kindesmissbrauch darf nicht verjähren, denn wie bei einem Mord wird ein Leben zerstört. Die Hölle, durch die diese jungen Menschen gehen mussten, endet sonst nie. SIBYLLA NACHBAUER, Erlangen
Demokratie zu Markte getragen
■ betr.: „Der unwillige Staatsanwalt“ u. a., taz vom 10. 3. 15
Als ich heute Morgen die taz durchgelesen habe, stellte ich bei mir eine gewisse Resignation fest, die darin gipfelte, rein emotional zu „entscheiden“, ich lese keine Zeitung mehr. Es kommt nur reine Frustration und Resignation auf.
Ich schreibe nur einige Überschriften auf, die dazu beigetragen haben: Der unwillige Staatsanwalt; Neidischer Blick ins Portemonnaie des Kollegen; Wie der Phönix aus der Asche; Sie wissen was sie tun; Eine Flucht ins Ungewisse; Milliarden von den Spekulanten. Da ich mich regelmäßig informiere – auch über andere Medien, ist mir bekannt, dass viele dieser Überschriften nahezu unverändert auf andere, frühere Artikel übertragen werden könnten. Dabei ist nicht Ihre Berichterstattung mein Problem, sondern das Wissen, dass sich über Jahre auf der politischen Bühne nichts verändert hat.
Immer wenn es darum geht, das Großkapital in seinem Wirken zu begrenzen und/oder den sozialen Status der Bevölkerung zu verbessern, tut sich nicht mehr, als „Pflästerchen“ auf offene Wunden zu kleben; ganz abgesehen davon, dass die Demokratie immer mehr, im wahrsten Sinn des Wortes, zu Markte getragen wird. Und das nicht nur in Deutschland, sondern seit der EU europaweit. Es gibt keinen politischen Willen, etwas zu verändern. Doch dann habe ich auf WDR 5 die Presseschau zu Griechenland gehört und erneut verstanden, wie die allgemeine Presse, mit zum Teil Falschbehauptungen oder einfach nur Weitergeben von dem, was andere vorgekaut haben, Stimmung macht
Wahrscheinlich geht es in Deutschland vielen so wie mir. Nur, warum gehen wir hier nicht auf die Barrikaden wie Spanien und wie auch in Griechenland? Warum wird hier keine wirklich linke Politik gewählt, sondern immer nur Mutti oder der sozialdemokratische Neokapitalist Gabriel?
Und dann die Entscheidung: Ich lese die taz weiter!
ALBERT WAGNER, Bochum
Eigentlich kindisch
■ betr.: „Der ungerechte Charme der Bourgeoise“, Kommentar von Ulrike Herrmann zur Erbschaftsteuer, taz vom 12. 3. 15
Das ist gar nicht mehr lustig. Dem ist mit Empörung des 99-Prozent-Bevölkerungsanteils nicht beizukommen, so sehr auch tief empfundene Gerechtigkeitsvorstellungen, moralisches Sollen und grundgesetzlicher Auftrag (Eigentum verpflichtet) verletzt werden. Das Handeln von Regierenden (Schröder, Mandela) zeigt zu regelmäßig dieses Umschwenken nach Übernahme von Regierungsverantwortung. Aufklärung ist angesagt. Denn nach Beendigung des Feudalismus wächst seit 1980 eine Plutokratie heran,die bereits die Demokratie (Piketty) gefährdet. Muss sich der Kapitalismus totsiegen? Auch Erben sind gegen Degeneration nicht gefeit. Sollten nicht Erben, die die Geschäfte nicht führen (Geschäftsführer), voll erbschaftssteuerpflichtig sein? Was sind Ceta, TTIP, die Beteiligung von Privatkapital an Infrastrukturprojekten, der Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank anderes, als die Einkommenssicherung des obersten einen Prozent der Steuerzahler bis in alle Ewigkeit? Der Versuch der Bewahrung von Besitzständen in der sich verändernden Welt? Eigentlich kindisch. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Liebhaber von Tötungsmaschinen
■ betr.: „Drohnen. Leise, unsichtbar und autonom“, taz vom 14. 3. 15
Welch Ironie, die Region mit „Star Wars“-Hintergrund entwickelt sich zum Hightech-Waffenaussteller und zukünftigen -großproduzenten, auf Basis der Forschungen/Entwicklungen europäischer (Uni-) Waffenforschung/-entwicklung. Diese Scheichs, von Liebhabern arabischer Ästhetik, Kultur, von Rassepferden und so weiter, zum Liebhaber schneller Autos und arabisierten Ami-Villen und nun letztlich Liebhaber von entmenschten Tötungsmaschinen … Ist das Degeneration? HENDRIK FLÖTING, Berlin