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Archiv-Artikel

LAKTOSEINTOLERANZ UND HEUSCHNUPFEN IN DER ZUGLUFT Sie haben ja sogar Schimmel!

VON LEA STREISAND

Allergien sind auch so eine West-Erfindung. Wie Kiwis, die gab es auch erst nach der Wende. Mein Vater hat einfach nicht gerne Milch getrunken. Bei mir heißt das Laktoseintoleranz. „Wenn Sie keinen Milchzucker vertragen, sollten Sie mit Fruchtzucker auch aufpassen“, hat der Apotheker neulich gesagt. Sonst noch was? Fehlt nur noch, dass ich kein Eis mehr essen soll. Wo jetzt der Sommer kommt.

Letztens stand ich in der Schlange vor einer Eisdiele in Prenzlauer Berg, als eine Mutter mit Vorschulkind zu dem Eismann sagte: „Für Tizian eine Kugel Zimteis. Das verträgt er. Da ist nämlich keine Laktose drin.“ Der Eismann knallte mit Schwung die Kugel in die Waffel, reichte sie dem kleinen Tizian runter und sagte zu seiner Mutter: „In dem Zimteis is jenauso viel Sahne drin wie in jedem anderen Milcheis. Aber wenn Se meinen.“

Ich war als Kind auf Katzen und Gräser allergisch. Jetzt hab ich sogar Schimmel.

„Sie haben ja sogar Schimmel!“, rief die Schwester beim Allergologen glücklich, als sie vor drei Jahren den Test machte. „Das hat nicht jeder!“ Ich war sehr stolz damals. Jetzt mache ich seit zwei Jahren Hyposensibilisierung. Jeden Monat krieg ich eine Spritze. Wenn ich nicht grade krank bin oder die Praxis geschlossen ist oder ich einen sehr schlimmen Allergieschub habe. Ich habe eigentlich nicht den Eindruck, dass die Spritzen sonderlich helfen. Ich fange immer noch im März an, Tabletten zu schlucken, und höre im September damit auf. Silvester hatte ich sogar Asthma. Wir waren in Italien. Das Haus war toll, der Ausblick ein Traum, die Zitronen blühten, und ich bekam jeden Tag weniger Luft. „Hier ist bestimmt Schimmel im Haus“, sagte Christoph, der auch mit war. Er kennt sich aus, sein Vater ist Architekt. „Lasst auf keinen Fall eure ollen zugigen Doppelkastenfenster zu Hause austauschen!“, sagte Christoph, „Zugluft ist das beste Mittel gegen Schimmel, das es gibt.“

Wie gesagt, ich habe nicht das Gefühl, dass die Hyposensibilisierung wirkt.

Aber ich mag die Ärztin so gern.

Als mich letzten Sommer die Wespe stach, direkt unters Auge, am Tag vor diesem Riesenauftritt vor dreitausend Leuten, da hatte ich zum Glück gerade eine Pille geschluckt. Deshalb schwoll mein Gesicht auch nur auf der einen Seite zu. Ich sah aus wie ein halbseitiger Botox-Unfall. Als ich damit zu Frau Dr. Rose kam, hat sie sich bei meinem Anblick vor Lachen auf die Schenkel geschlagen. Danach verabreichte sie mir eine Dosis Kortison. Auf der Bühne sah ich dann nur noch aus wie ein schlecht geschminktes Opfer leichter häuslicher Gewalt. Zumindest war ich den Heuschnupfen los für die nächsten zwei Wochen.

Heute war ich wieder Spritze holen. „Links oder rechts?“, hat die Schwester gefragt und mir die Nadel in den rechten Oberarm gepiekt. „Kann sein, dass es jetzt eine kleine Schwellung gibt wegen der Wärme“, sagt die Schwester, „Dann müssen Sie einfach ein bisschen kühlen!“

Gute Idee, denke ich und kaufe auf dem Nachhauseweg gleich eine Packung Sojaeis. Mit Kiwi und Zitrone.