Kunstrundgang : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Schön, dass es sie wieder gibt. Anfang der 90er Jahre war die Galerie allgirls der Ort in Mitte, wo man die sunny side der Konzeptkunst sehen konnte, von peepshow-ähnlichen Altarbauten für 1.000-Mark-Scheine bis hin zu Pornos in Brailleschrift. Mittlerweile wurde geheiratet, Nachwuchs bekommen und viermal umgezogen. Trotzdem hat sich das Netzwerk von etwa 30 Künstlern und Künstlerinnen gehalten, auch bei der aktuellen Gruppenausstellung: Von Astrid Klüver stammen kecke Wollmützen als minimalistische Leinwandkalauer und superelegant als Aquarell getuschte Nagellackfläschchen; für den Weird-Folk-Faktor sorgt Gabriel Rosell Santillán, der per Wasserkocher eine Dampfwolke erzeugt, in die er ein Dia projiziert. Rolf Pilarsky hat die Ungereimtheiten der Globalisierung fotografiert, und Dave Allen hat zarte Farbstudien auf Notenpapier gezeichnet – gleichmütig und ironisch. Ziemlich allgirls eben.
Auch schon seit fünf Jahren arbeitet die Galerie Laura Mars Grp. daran, Pop und allerlei Dandyismen mit Kulturtheorie zusammenzubringen. Insofern ist der Titel „Jubilee“ zur neuen Ausstellung bereits ein Verweis auf Derek Jarmans gleichnamigen Punk-Cabaret-Film von 1977.
Doch richtig rotten geht es hier nirgends zu: Philip Wiegard baut Konstruktionen aus Wellpappe, die leicht ins architektonische Nerdtum abdriften, Kerstin Drechsel hat in einem kleinformatigen Ölgemälde ihre Liebe zu Girlbands entdeckt, und Dorothy Iannone gibt mit dem 30 Jahre alten Siebdruck „Statue of Liberty“ noch einmal souverän die Sex-Warrior-Queen aus den Seventies. Manchmal sind die Arbeiten aber einfach bloß wunderbar stille Blätter voll Humor. Zum Beispiel Rainer Kamlahs „Brad Pitt“-Zeichnung, die einen kargen Kleiderständer mit Hut zeigt, wo man doch eher lecker Fleischbrät vermuten würde.